Ost-Berlin

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Schild am Grenzübergang Bornholmer Straße bis 1990

Ost-Berlin ist eine Bezeichnung für den Teil Groß-Berlins, der nach der Besetzung der Stadt durch die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs 1945 den sowjetischen Sektor bildete.

Nachdem die Rote Armee der Sowjetunion nach der Schlacht um Berlin das gesamte Gebiet Berlins erobert hatte, zog sie sich aufgrund der Beschlüsse der Konferenz von Jalta im Sommer 1945 aus den sich daraus konstituierten Westsektoren zurück.

Der Begriff „Ost-Berlin“ diente in westlichen Medien auch zur Abgrenzung des größten einheitlichen Berliner Stadtgebiets gegenüber den US-amerikanischen, französischen und britischen Sektoren, die gemeinsam als West-Berlin bezeichnet wurden. Ost-Berlin war das Verwaltungszentrum der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und später nach Auffassung der DDR und de facto Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik. Der Begriff „Ost-Berlin“ wurde weder im amtlichen Sprachgebrauch der alten Bundesrepublik noch in dem der DDR verwendet.

Die offizielle Eigenbezeichnung wurde im Laufe der Jahre von „Groß-Berlin“ über „Demokratisches Berlin“ zu „Berlin, Hauptstadt der DDR“ bzw. „Berlin“ geändert. Im amtlichen Sprachgebrauch in der DDR setzte es sich bis in die 1970er Jahre verstärkt durch, nur dem Westteil der Stadt eine separate Bezeichnung („Westberlin“) zu geben, den Ostteil jedoch kurz als Berlin zu bezeichnen (siehe Kapitel „Begriffsproblematik“). Im amtlichen Sprachgebrauch des wiedervereinten Deutschlands wird Ost-Berlin nunmehr zusammen mit West-Staaken als der „beigetretene Teil“ des Landes Berlin bezeichnet.[2]

Völkerrechtlich war der sowjetische Sektor Berlins Teil der Viersektorenstadt unter Hoheit der vier Mächte Vereinigte Staaten, Sowjetunion, Vereinigtes Königreich und Frankreich; damit gehörte der östliche Teil Berlins nach westlicher Auffassung nie zur SBZ oder zur DDR.[3][4] Die unterschiedlichen Auffassungen zum Status von Ost-Berlin waren Gegenstand der Berlin-Frage, sie hatten aber spätestens ab den 1970er Jahren in der Praxis nur noch geringe Bedeutung.

Geschichte

Mit dem Londoner Protokoll vom November 1944 beschlossen die Vereinigten Staaten, die Sowjetunion und das Vereinigte Königreich, Deutschland nach der bedingungslosen Kapitulation in zunächst drei Besatzungszonen aufzuteilen und in ein „besonderes Berliner Gebiet, das gemeinsam von den drei Mächten besetzt wird.“ Später kam als vierte Macht noch Frankreich hinzu (gemeinsam die Alliierten oder Vier Mächte). Für Gesamt-Berlin wurde im Mai durch die Sowjetunion eine Regierung mit der Bezeichnung Magistrat von Groß-Berlin eingesetzt (Magistrat Werner). Am 5. Juni 1945 stellten die Alliierten die gemeinsame Besetzung Berlins nochmals fest.[5] Die östlichen damaligen Stadtbezirke Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Pankow, Weißensee, Lichtenberg, Treptow und Köpenick bildeten fortan den Sowjetischen Sektor von Groß-Berlin. Im Juni 1948 verließ der sowjetische Vertreter die Alliierte Kommandantur und in den Folgemonaten zerbrach die gemeinsame Verwaltung Berlins. Im sowjetischen Sektor wurde eine separate Stadtregierung eingesetzt, die sich jedoch weiterhin als Magistrat von Groß-Berlin bezeichnete, später auch mit dem Zusatz Demokratischer Sektor.

Am 23. Mai 1949 wurde mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Nach dessen Artikel 23 alter Fassung sollte es auch für ein Land Groß-Berlin gelten. Die Sowjetunion lehnte jedoch eine Anwendung des Grundgesetzes auf ihren Sektor Berlins ab, und in den anderen Sektoren konnte es durch den Vorbehalt der Westalliierten nur eine eingeschränkte Gültigkeit entfalten.

Der sowjetischen Besatzungszone blieb nach der Konstituierung der Bundesrepublik nur noch eine Teilstaatsgründung. Die gesamtdeutsch konzipierte Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik wurde daher am 7. Oktober 1949 (dem Tag der Republik) durch die provisorische Volkskammer für die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg in Kraft gesetzt und somit die Deutsche Demokratische Republik gegründet. In Art. 2 dieser Verfassung wurde bestimmt: „Die Hauptstadt der Republik ist Berlin“, ein Hinweis auf die ursprünglich erhoffte gesamtdeutsche Staatsgründung.

Der sowjetische Sektor von Berlin gehörte aufgrund des Vier-Mächte-Status der Stadt nicht zur SBZ und wurde auch kein konstitutiver Bestandteil der DDR. Deren Verfassungsorgane hatten dort keine direkte Gewalt. Gesetze der DDR erlangten nur mittelbar nach Übernahme durch den Magistrat dort ihre Gültigkeit. Ost-Berlin konnte in die Gesetzgebungsorgane der DDR nur Abgeordnete mit beratender Stimme und ohne direkte Wahl entsenden.[6][7]

Die Bindung an die DDR war jedoch von Beginn an sehr eng, allein schon durch die Tatsache, dass sie ihren Regierungssitz in Ost-Berlin nahm und ganz Berlin als ihre Hauptstadt proklamiert hatte. Dennoch achteten sowohl die Regierung der DDR als auch die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) auf die formale Aufrechterhaltung des Sonderstatus Berlins, um einen Anspruch auf die Regierungsgewalt über ganz Berlin erheben zu können. Denn schon seit 1948 vertrat die Sowjetunion entgegen dem Londoner Protokoll die Auffassung, dass ganz Berlin Teil der SBZ wäre, allerdings unter gemeinsamer Verwaltung der Vier Mächte. Dazu kam die Erkenntnis, dass die Berlin-Frage einen wichtigen Punkt für eine angestrebte Wiedervereinigung bilden könnte. Die DDR ergriff daher aus Rücksicht auf die schwierige völkerrechtliche Lage nur vorsichtige Maßnahmen, um Ost-Berlin enger einzubinden. Seit Oktober 1953 wurden zum Beispiel auch in Ost-Berlin Personalausweise der DDR ausgegeben.[8]

Im Januar 1957 kam es zu einem wichtigen Schritt bei der Integration Ost-Berlins in die DDR. Die Volksvertretung und der Magistrat übernahmen die DDR-Gesetze über die örtlichen Organe der Staatsmacht und über die Rechte und Pflichten der Volkskammer gegenüber den örtlichen Volksvertretungen. Dadurch wurde der Magistrat dem Ministerrat der DDR unterstellt und die Volkskammer erhielt die Aufsicht über die Ost-Berliner Volksvertretung, die in Stadtverordnetenversammlung umbenannt wurde. Zugleich spitzte sich der Streit um den Status Berlins zu. Die Sowjetunion bestritt die weitere Gültigkeit des Londoner Protokolls und forderte im Herbst des folgenden Jahres mit dem Chruschtschow-Ultimatum (→ Berlin-Krise) die Umwandlung West-Berlins in eine freie Stadt als sogenannte besondere politische Einheit.[9] Die Westalliierten lehnten das Ansinnen der Sowjetunion aber ab.

Mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 wurde die Spaltung Berlins zementiert und weitere Maßnahmen zur Integration Ost-Berlins in die DDR folgten bald. Der Staatsrat stellte Ost-Berlin im September desselben Jahres mit den Bezirken in der DDR gleich.[10] Die im Januar 1962 neu eingeführte Wehrpflicht in der DDR erstreckte sich auch auf die Einwohner Ost-Berlins. Im August 1962 wurde die sowjetische Stadtkommandantur in Ost-Berlin aufgelöst und durch einen Stadtkommandanten der Nationalen Volksarmee (NVA) ersetzt. Die Wahlberechtigten in Ost-Berlin nahmen 1968 auch an der Volksabstimmung über die neue Verfassung der DDR teil, die dadurch auch im Ostsektor direkte Geltungskraft entfaltete.

Nach längeren Verhandlungen wurde im September 1971 das Vier-Mächte-Abkommen über Berlin unterzeichnet, das unter anderem die Art der Verbindungen West-Berlins zur Bundesrepublik regelte. Durch das Abkommen entspannte sich der Konflikt um Berlin in der Folgezeit zusehends. Der allgemeine Teil dieses Vertrages war bewusst sehr offen gefasst und konnte verschieden interpretiert werden. Nach Meinung der Westalliierten schrieb er weiterhin den besonderen Status ganz Berlins fest. In der Auslegung durch die DDR und die Sowjetunion bezogen sich die Bestimmungen jedoch nur auf West-Berlin. Sie vertraten nun nicht weiter den Anspruch auf Berlin als Ganzes und fassten Ost-Berlin als eigenständige Stadt auf.

Nach der Volkskammerwahl von 1976 erhielten die aus Ost-Berlin entsandten Abgeordneten keine gesonderten Ausweise mehr. Der Magistrat von Ost-Berlin stellte im Herbst 1976 die Herausgabe des Verordnungsblattes für Groß-Berlin ein. Somit erlangten Gesetze der DDR nun direkt und ohne Übernahme ihre Gültigkeit in der Stadt. Anfang 1977 legte die Ost-Berliner Verwaltung den Namen Magistrat von Groß-Berlin ab und nannte sich fortan Magistrat von Berlin, Hauptstadt der DDR. Zugleich wurde die Visumpflicht für Ausländer bei Tagesfahrten nach Ost-Berlin eingeführt und die Kontrollposten an den Ausfallstraßen zum Gebiet der DDR abgeschafft. Nach der 1979 erfolgten Änderung des Wahlgesetzes[11] wurden bei den Volkskammerwahlen seit 1981 auch die Ost-Berliner Abgeordneten direkt gewählt. Der Ostteil Berlins war nun de facto vollständig in die DDR integriert, abgesehen von einigen alliierten Sonderrechten; zum Beispiel hatten uniformierte alliierte Militärangehörige nach wie vor das Recht, sich frei im sowjetischen Sektor zu bewegen. Gelegentlich kam es noch zu diplomatischen Protestnoten der Westalliierten, wenn etwa durch Militärparaden der NVA der hinsichtlich deutschen Militärs entmilitarisierte Status Berlins verletzt wurde − der Sitz des Ministeriums für Nationale Verteidigung der DDR wurde von Anfang an außerhalb Berlins (in Strausberg) errichtet.

Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung trat am 3. Oktober 1990 in Ost-Berlin das Grundgesetz in Kraft und es wurde Teil des Landes Berlin. Durch eine Erklärung zum Zwei-plus-Vier-Vertrag suspendierten die Alliierten zum selben Tag ihre Vorrechte bezüglich Berlins.[12] Der Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 bestimmte:

„Das vereinte Deutschland wird die Gebiete der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Demokratischen Republik und ganz Berlins umfassen.“

– Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland

Berlin war ein verfassungsmäßiger Bestandteil des wiedervereinigten Deutschland geworden.

Begriffsproblematik

Die beiden Teile Berlins wurden während des Kalten Krieges zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich bezeichnet. Diese Thematik war ideologisch aufgeladen und von wechselnden außen- und innenpolitischen Zielsetzungen bestimmt. Als geographische Ortsbezeichnung bezog man sich jedoch immer auf die Stadt als Ganzes, und in allen amtlichen Dokumenten wurde in diesem Zusammenhang nur „Berlin“ verwendet (zum Beispiel in Urkunden oder als Geburtsort).

Wollte man sich im sonstigen Sprachgebrauch explizit auf Ost-Berlin beziehen, so ergab sich dies entweder aus dem Kontext oder durch besondere Zusätze. In West-Berlin und der Bundesrepublik lautete die offizielle Bezeichnung „Berlin (Ost)“. 1960 empfahl eine Kommission des Senats von Berlin die Bezeichnung „Ost-Berlin“ für den nichtamtlichen Gebrauch, die auch später vom westdeutschen Duden übernommen wurde. Diese Bezeichnung hat sich heute in wissenschaftlichen Veröffentlichungen durchgesetzt. In Literaturlisten ist als Verlagsort auch „Berlin (DDR)“ gebräuchlich. Umgangssprachlich wurde auch „Sowjetsektor“, „Ostsektor“ und „Ostberlin“ genutzt.

Bei amtlichen Veröffentlichungen der DDR wechselte die Sprachregelung häufiger. Das Statistische Jahrbuch der DDR bezeichnete Ost-Berlin bis 1955 als „Groß-Berlin, Demokratischer Sektor“, bis 1957 als „Berlin, demokratischer Sektor“, bis 1961 als „Demokratisches Berlin“ und anschließend als „Hauptstadt Berlin“. In amtlichen Verlautbarungen und im Kartenmaterial der DDR war häufig nur von „Berlin“ die Rede, während man die Westsektoren als „Westberlin“ (ohne Bindestrich) bezeichnete.

Struktur Ost-Berlins

Ost-Berlin umfasste eine Fläche von 403 Quadratkilometern. Das Zentrum bildete das bauliche Ensemble um den Alexanderplatz im damaligen Stadtbezirk Mitte. Eines der markantesten Wahrzeichen war der dort gelegene – seinerzeit 365 Meter hohe – Berliner Fernsehturm (heute: 368 Meter). Auf dem Platz selbst lag mit der Urania-Weltzeituhr ein wichtiger Treffpunkt. Als Verwaltungszentrum der DDR befanden sich in Berlin der Sitz des Präsidenten der Republik (Schloss Schönhausen) und später des Staatsrates (Staatsratsgebäude). Der Ministerrat der DDR und alle Ministerien mit Ausnahme des Ministeriums für Nationale Verteidigung (mit Sitz in Strausberg) bezogen in Ost-Berlin ihre Dienstsitze. Auf dem heutigen Schlossplatz wurde 1976 der Palast der Republik errichtet: ein repräsentatives Kulturhaus, das auch den Sitzungssaal der Volkskammer beherbergte, die zwischen 1950 und 1976 ihren Sitz im Haus der Volkskammer in der Luisenstraße gehabt hatte. Von 1945 bis 1949 befand sich in Ost-Berlin der Sitz der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland, bis 1953 gefolgt von der Sowjetischen Kontrollkommission. Das zwischen 1961 und 1989 nicht mehr passierbare Brandenburger Tor an der Grenze zum britischen Sektor war ein weiteres Wahrzeichen und Symbol für die Teilung Deutschlands und den Eisernen Vorhang zwischen den beiden Blöcken Warschauer Pakt und Nordatlantikpakt (NATO). Der spätere Bundespräsident Richard von Weizsäcker bemerkte hierzu: „Solange das Brandenburger Tor geschlossen ist, ist die Deutsche Frage offen.“

Stadtbezirke

Ost-Berlin gliederte sich anfangs in acht Bezirke. Seit 1952 hießen sie Stadtbezirke, um den verwaltungsmäßigen Unterschied zu den gleichzeitig geschaffenen Bezirken der DDR deutlich zu machen. Aufgrund der Errichtung großer Neubaugebiete im Osten der Stadt in den 1970er und 1980er Jahren wurden in Ost-Berlin über die durch das Groß-Berlin-Gesetz von 1920 festgelegte Zahl von 20 Bezirken hinaus drei neue geschaffen: Marzahn (1979 aus den Lichtenberger Ortsteilen Marzahn, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Teilen Friedrichsfeldes sowie Teilen des Weißenseer Ortsteils Falkenberg), Hohenschönhausen (1985 aus den Weißenseer Ortsteilen Hohenschönhausen, Wartenberg, Falkenberg und Teilen Malchows) und Hellersdorf (1986 aus den Marzahner Ortsteilen Kaulsdorf und Mahlsdorf). So umfasste Ost-Berlin im Jahr 1990 (vor der Vereinigung mit West-Berlin) elf Stadtbezirke. Um die Eigenständigkeit und angemessene Größe von Weißensee als Bezirk zu erhalten, wurden nach der Abtrennung von Hohenschönhausen die Pankower Ortsteile Heinersdorf, Blankenburg und Karow Weißensee angegliedert.


Text: Wikipedia

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