Vincenz Prießnitz

Aus veikkos-archiv
Wechseln zu: Navigation, Suche

Vincenz Prießnitz, gelegentlich Prisnitz oder Prißnitz, (* 4. Oktober 1799 in Gräfenberg, Lázně Jeseník, in Österreichisch-Schlesien; † 28. November 1851 ebenda) war ein Landwirt und autodidaktischer Naturheiler. Er gilt (nach den „Wasserhähnen“ Siegmund Hahn und Johann Siegmund Hahn) als Erneuerer der Kaltwasserkur in Österreich und Deutschland.

Reklamemarken

Leben

Vincenz Prießnitz wurde als das jüngste von sechs Kindern des Landwirts Franz Prießnitz (1753–1836) und dessen Ehefrau Theresia Kappel (1759–1825) in Freiwaldau-Stadt, Haus Nr. 175[1] geboren. Da der Vater erblindete und der älteste Bruder früh starb, musste Prießnitz schon nach kurzer Zeit die Schule verlassen und auf dem elterlichen Hof mitarbeiten. Er konnte nur eingeschränkt lesen und schreiben, war also funktionaler Analphabet. Mit 17 Jahren brach sich Prießnitz zwei Rippen, als er auf dem Weg zum Feld von seinem scheuenden Pferd zu Boden geschleudert und anschließend vom angehängten Wagen überrollt wurde. Er half sich, indem er die verletzten Rippen mit einem in kaltes Wasser getauchten Umschlag fixierte und darüber mehrere eng anliegende Tücher band. Dies war die Geburtsstunde des Prießnitz-Umschlages („Prießnitz-Wickel“). Die Rippen verheilten, und sehr schnell hatte der junge Prießnitz im weiten Umkreis den Ruf, ein Wasserdoktor zu sein.[2]

Im Jahr 1826 kamen die ersten Kranken von außerhalb zu Prießnitz. Er richtete ein Badehaus ein, in dem er mit Wasser behandelte[3], wurde aber 1829 von mehreren Ärzten als Kurpfuscher angeklagt. Der Prozess endete mit einem Freispruch für Prießnitz, da er nicht mit Medikamenten, sondern ausschließlich mit Wasser therapierte.

1828 heiratete Prießnitz Sophie, eine Tochter des Gemeindevorstehers von Böhmischdorf bei Freiwaldau. Mit ihr hatte er einen Sohn und sechs Töchter.

1830 bekam er die Genehmigung der österreichischen Regierung zur Errichtung und Führung einer Kaltwasser-Heilanstalt. Im Badehaus wurde ein großes Becken von zehn Meter Durchmesser installiert, in dem die Patienten auch schwimmen konnten. Außerdem enthielt es einen Brunnen. Bereits 1832 wurde ein zweites Anstaltsgebäude gebaut mit 18 Zimmern und einem Saal. Insgesamt konnten in der Heilanstalt gleichzeitig etwa 100 Kranke untergebracht werden. Bis zu seinem Tod behandelte der Wasserdoktor hier etwa 36.000 Patienten. Die Prießnitz’sche Kaltwasser-Heilanstalt wurde seit 1853 vom Arzt Josef Schindler (1814–1890) und seinem Schwiegersohn Johann Ripper (1830–1912), der die Tochter Maria Anna Prießnitz geheiratet hatte, weitergeführt. Bis heute existiert die von ihm gegründete Kuranstalt in Bad Gräfenberg (Lázně Jeseník).

Prießnitz entwickelte keine neue medizinische Theorie, machte aber mit seinen Wasserkuren und Luftbädern, wie sie später auch von Arnold Rikli und Adolf Just angewandt wurden, die Hydrotherapie um 1830 populär. Innere Krankheiten führte er auf „schlechte Säfte“ zurück, die aus dem Körper herausgebracht werden müssten. Er wandte kaltes Wasser und kalte Kompressen bei den verschiedensten Krankheiten an, verordnete aber auch Bewegung und Diät (Wasser, Milch und kalte ungewürzte Speisen). Außerdem setzte er auf Abhärtung, vorzugsweise durch eiskaltes Duschen, wobei sich das Wasser aus einer Höhe von mehreren Metern auf die Patienten ergoss. Weitere Behandlungselemente waren Trinkkuren, Klistiere, Bäder und Schwitzkuren.

Prießnitz veröffentlichte nichts, diktierte aber 1847 seiner Tochter Hedwig das Vinzenz Prießnitz’sche Familien Wasserbuch, das bis heute im Institut für Geschichte der Medizin der Universität Wien aufbewahrt wird.

Seine Wasserkuren verhinderten nicht, dass Prießnitz 1848 einen Schlaganfall erlitt und danach laut ADB an „Leberschrumpfung und Wassersucht“ litt[4] und demnach mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zuletzt ein Leber- und Nierenversagen hatte.[5] Im Alter von 52 Jahren starb Vincenz Prießnitz am 28. November 1851 in Gräfenberg. Das von ihm hinterlassene Vermögen wurde auf stattliche 10 Millionen Gulden geschätzt. Da sein Sohn zum Zeitpunkt seines Todes noch ein Kind war, wurde die Wasserheilanstalt von einem Schwiegersohn übernommen.

Ehrungen und Nachwirkung

1846 wurde Prießnitz im Namen des österreichischen Kaisers die große goldene Verdienstmedaille für seine Leistungen verliehen. Im Stadtpark von Jeseník und im Türkenschanzpark in Wien erinnern bis heute Denkmäler an Vincenz Prießnitz. In Leipzig, im heutigen Kleingärtnerverein Priessnitz-Morgenröte e. V., erinnert ebenfalls ein Denkmal an ihn. Im Jahr 1909 wurde in Wien-Floridsdorf (21. Bezirk) die Prießnitzgasse nach ihm benannt.

Das Heilbad in seinem Geburtsort Lázně Jeseník trägt heute seinen Namen.

Georg Pingler richtete 1851 in Königsstein im Taunus ein Prießnitzbad ein, nachdem er in Gräfenburg gelernt hatte. Sebastian Kneipp hospitierte bei diesem und lernte dessen Wasserkuren kennen. In Danzig eröffnete Emil Hollmichel 1907 ein Prießnitzbad, das bis 1945 bestand.[6] In Leipzig-Leutzsch gab es ein Prießnitzbad von 1912 bis 1988, ebenso in Osnabrück und weiteren Städten.

Seit 1960 verleiht die Deutsche Heilpraktikerschaft eine Prießnitz-Medaille.

Prießnitz hat Eingang in die polnische Sprache gefunden. So heißt Dusche auf Polnisch prysznic,[7] eine polonisierte Form seines Familiennamens. Die 1990 gegründete tschechische Band Priessnitz benannte sich nach Prießnitz.

Auf Prießnitz‘ Wirken hin gründeten sich in Deutschland bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Naturheilvereine als „Prießnitz-Vereine“ und „Vereine für volksverständliche Heilkunde“. Im Jahre 1889 wurde der Dachverband „Bund der Vereine für Gesundheitspflege und arzneilose Heilweise“ gegründet, der heute noch unter dem Namen „Deutscher Naturheilbund eV“ das Erbe von Vincenz Prießnitz pflegt.


Text: Wikipedia

Liste der Autoren

Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.