Universität Jena

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Die Friedrich-Schiller-Universität Jena (lateinisch „Alma Mater Jenensis“, gelegentlich auch „Salana“; 1921–1934 „Thüringische Landesuniversität“, davor „Sächsische Gesamtuniversität“) war im Wintersemester 2021/2022 mit 17.917 Studenten,[4] ca. 400 Professuren, mehr als 9.000 Mitarbeitern und rund 200 Studienfächern die größte Hochschule und die einzige Volluniversität im Freistaat Thüringen.

Siegelmarken und Reklamemarken

Verzeichnis der Siegelmarken und Reklamemarken mit einem Bezug zur Universität Jena.

Geschichte

Gründung

Das Jahr 1558 gilt als das offizielle Gründungsjahr der Universität Jena. Aber schon 1547 hatte der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, der sich in der Haft von Kaiser Karl V. befand, den Plan entwickelt, eine Universität aufzubauen, nachdem ihm die Kurwürde genommen worden und damit auch die Universität Wittenberg an den bisherigen Herzog von Sachsen, Moritz von Sachsen, verloren gegangen war. Dieser Plan wurde von seinen drei Söhnen ausgeführt, die am 19. März 1548 in dem Weinbauernstädtchen Jena eine „Hohe Schule“ gründeten. In der Stiftungsurkunde des römisch-deutschen Königs und späteren Kaisers Ferdinand I. wurden ihr am 15. August 1557 die Rechte einer Universität verliehen, die mit ihrer Eröffnung am 2. Februar 1558 auch ihren Lehrbetrieb aufnahm. Mit der Existenz einer eigenen Universität sollte die Ausbildung von Juristen, Lehrern und besonders Geistlichen Augsburgischen Bekenntnisses in eigener, ernestinischer Hand sichergestellt werden.

Im späten 16. Jahrhundert war die Universität während der theologischen Lehrstreitigkeiten unter den Reformatoren Mittelpunkt der lutherischen Orthodoxie mit dessen streitbarem Repräsentanten und Professor Matthias Flacius.

Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges erlebte die Universität zwischen 1706 und 1720 eine Blütezeit und stand mit 1800 Studenten an der Spitze aller deutschen Universitäten.

Unter der Regierung (1758 bis 1828) des Herzogs Carl August und seines Rats und Ministers Johann Wolfgang Goethe gewann der neue Geist Weimars an Einfluss auch in Jena, was zu einer zweiten Blütezeit der Universität führte. Goethe widmete ihr sein amtliches und persönliches Interesse. Auf sein Betreiben etwa wurde Friedrich Schiller hier 1789 Professor, mit dem ihn ab 1794 – bis zu dessen Tod (1805) – eine enge Freundschaft verband. 1794 wurden Johann Gottlieb Fichte und 1798 Friedrich Wilhelm Joseph Schelling berufen, 1801/07 lehrte Georg Wilhelm Friedrich Hegel hier, so dass Jena zum Zentrum der deutschen idealistischen Philosophie wurde. Aber auch die literarischen Richtungen der frühen Romantik mit August Wilhelm Schlegel, seiner Frau Caroline Böhmer-Schlegel-Schelling, Friedrich Schlegel, Ludwig Tieck, Clemens Brentano und Friedrich von Hardenberg fanden hier eine hervorragende Pflegestätte. Die hier 1785 gegründete Allgemeine Literatur-Zeitung, die ab 1804 bis 1841 als Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung fortgeführt wurde, sowie die von Friedrich Schiller herausgegebenen Horen, mehrten durch ihre Autoren und Beiträger, zu denen die angesehensten Dichter, Philosophen und Publizisten der Zeit gehörten, die Bedeutung der Stadt Jena als literarisch-intellektuelles Zentrum. Ihre Universität, die im Ruf besonderer Liberalität stand, erreichte im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert einen ihrem Ansehen entsprechenden Höhepunkt auch ihrer Studentenzahlen, die freilich durch die allgemeine politische Entwicklung und durch den Weggang berühmter Lehrer (etwa 1799 die Entlassung Fichtes) nicht gehalten werden konnten.


19. Jahrhundert

Aufgrund der durch Erbteilungen aus dem Herzogtum Sachsen (1547–1572) hervorgegangenen Ernestinischen Herzogtümer fungierten deren einzelne Linien gemeinsam als Förderer (Nutritoren) der Hochschule, die als einzige Universität des Landes bestand.

Napoleon Bonapartes Sieg über die vereinten preußischen und sächsischen Armeen in der Schlacht bei Jena und Auerstedt (am 14. Oktober 1806) war mit schweren Schäden für die Stadt Jena und ihre Universität verbunden. In der Folge begann sich starker Widerstand gegen die napoleonische Administration zu regen, besonders in der Studentenschaft Jenas, die 1813 in Scharen in das Lützowsche Freikorps eintraten.

Unter den deutschen Hochschulen entwickelte Jena sich zum Vorreiter der Republik. Im nationalstaatlichen Streben nach Freiheit entstand 1815 die Urburschenschaft in Jena. Die Pressefreiheit im weimarischen Staat ermöglichte den Kampf für die nationale Einheit. Das Wartburgfest 1817 ging im Wesentlichen von der Universität Jena aus und erregte das Misstrauen der konservativen Regierungen der Staaten des Deutschen Bundes. Die Ermordung August von Kotzebues durch Karl Ludwig Sand, einen Jenaer Theologiestudenten, bot 1819 den willkommenen Anlass zu verstärktem Druck. Die Universität Jena bekam ihn in Gestalt eines 1819 vom Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach ernannter Kurators, der als Regierungsbevollmächtigter alle wichtigen Angelegenheiten der Universität durch Einschränkung der Pressefreiheit und Auflösung der Burschenschaft überwachte und die betreffenden Ministerien der Trägerstaaten unterrichtete. Neben den Zuwendungen aus Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Gotha und (seit 1826) Sachsen-Meiningen finanzierte sich die Universität Jena durch die Ausübung gewisser Herrschaftsrechte über die zwischen Jena und Weimar gelegene Stadt Apolda und später insbesondere aus beträchtlichen Zuwendungen der Carl-Zeiss-Stiftung.

Nachdem Goethe 1807 offiziell die Zuständigkeit für die Universität Jena von seinem Herzog Carl August übertragen worden war, förderte er insbesondere den Ausbau der naturwissenschaftlichen Fakultäten, beispielsweise durch die Gründung des ersten Chemielehrstuhles mit der Besetzung durch die Professoren Göttling und Döbereiner, durch die Errichtung einer Sternwarte, den Aufbau einer Mineraliensammlung und die Einrichtung eines botanischen Gartens. Jena bekam den Beinamen „Stapelstadt des Wissens“, Novalis, Hölderlin, Brentano, Arndt studierten in dieser Zeit, später Karl Marx, Ernst Abbe, Otto Schott und Carl Zeiß. 1884 wurde von Otto Schott ein „Glastechnisches Laboratorium“ gegründet und damit der Grundstein für die Vorreiterrolle für Gläser und Mikroskopie (Zeisswerke) gelegt.


20. Jahrhundert

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lehrte in Jena der Biologe und bedeutende Evolutionstheoretiker Ernst Haeckel. Auch der Mathematiker und Logiker Gottlob Frege, der Entdecker des Elektroenzephalogramms (EEG) Hans Berger, der Psychiater Otto Binswanger und der Philosoph und Literaturnobelpreisträger von 1908 - Rudolf Eucken - lebten und lehrten an der alma mater Jenensis. Jena war auch Lebensstation der späteren Physik-Nobelpreisträger Erwin Schrödinger und Herbert Kroemer.

Im Jahr 1934 wurde die Universität zu Ehren Friedrich Schillers nach diesem benannt. Im Dritten Reich übernahmen überzeugte Nationalsozialisten wie der Rasseforscher und SS-Hauptsturmbannführer Karl Astel das Rektorat der Universität. Zahlreiche Professoren mussten die Universität bereits 1933 - aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums verlassen. Studentenvereinigungen - insbesondere die Burschenschaften - wurden aufgelöst und gleichgeschaltet in den NS-Studentenbund eingegliedert. Der NS-Studentenbund genoss schon vor der Machtübergabe große Unterstützung und gewann bei den Studentenschaftswahlen im Januar 1933 49,3&% der Stimmen, was reichsweit das zweitbeste Ergebnis darstellt. Zwischen den Jenaer Verbindungen und den NS-Studenten waren weit reichende personelle und ideologische Verbindungen zu verzeichnen. Unter Astel wurde unter anderem ein Institut für menschliche Erbforschung und Rassenpolitik eingerichtet. Unter seinem Rektorat wurde Jena eine „nationalsozialistische Musteruniversität“. Neben der Erbforschung und Rassenkunde lag ein Forschungsschwerpunkt in den „Wehrwissenschaften“. 1941 resümierte Astel, dass die Universität unter seinem Rektorat zur „ersten rasse- und lebensgesetzlich ausgerichteten Hochschulen Großdeutschlands“ geworden sei. Bis auf den Kreis um Ricarda Huch und Franz Böhm sind besondere oppositionelle oder widerständige Gruppen zu dieser Zeit im Umfeld der Universität nicht in Erscheinung getreten. Eine für die Wissenschafts- und Alltagsgeschichte der Hohen Schule jener Jahre instruktive Quelle bieten die Tagebücher des Historiker Alexander Cartellieri.

Bei den alliierten Luftangriffen auf Jena im Februar und März 1945 entstanden an der Universitätsbibliothek, am Universitätshauptgebäude und an mehreren Kliniken in der Bachstraße Total- oder erhebliche Teilschäden. Völlig zerstört wurden das Botanische, das Psychologische und das Physiologische Institut sowie drei Chemieinstitute. Wichtiges Ereignis für die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Zeit war die Untersuchung der Vorwürfe gegen den Kinderarzt Jussuf Ibrahim. Eine Senatskommission stellte die Beteiligung des Arztes an den „Euthanasie“-Morden an geistig oder körperlich behinderten Kindern fest.


Hochschule im Sozialismus (1945–1990)

Nach halbjähriger Schließung nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Universität am 15. Oktober 1945 ihren Betrieb als erste Hochschule in der sowjetischen Besatzungszone unter dem Rektorat Friedrich Zuckers wieder auf. Bei der Einführung der marxistisch-leninistischen Erziehung der Studenten hatte die FSU 1946 durch Gründung eines Instituts für Dialektischen Materialismus eine Schrittmacherfunktion. Die Absolventen wurden als Lehrkräfte des „gesellschaftswissenschaftlichen Grundstudiums“ benötigt, das ab 1951 in der DDR für alle Studenten und später auch für die Hochschulmitarbeiter obligatorisch wurde. Zu seiner Durchführung entstand das Gesellschaftswissenschaftliche Institut, das ab 1960 Institut für Marxismus-Leninismus hieß, und ab 1968 als Sektion für Marxismus-Leninismus bis zum Ende der SED-Herrschaft in der DDR arbeitete. Die Sektion verfügte 1989 über 113 Hochschulkader.

1959 wurde das Pantomime-Studio von Marcel Marceau, Hanna Berger und Henryk Tomaszewski angeregt, und von Harald Seime in Jena gegründet. Neben dem Neubau der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek gelten die Sternwarte und der Botanische Garten Jena als Aushängeschilder der Universität. Der Karzer mit Graffiti des Schweizer Karikaturisten Martin Disteli ist nicht öffentlich zugänglich. Jena gilt als führend in den Fächern Biologie, Physik und Psychologie und verfügt über ein gut ausgestattetes Universitätsklinikum.


Heutige Situation

Im 20. Jahrhundert wurde die Universität durch die Kooperation mit Carl Zeiss (Unternehmen) gefördert und entwickelte sich auch dadurch zu einer Massenuniversität. Gab es 1905 noch 1.100 Studenten und 112 Hochschullehrer, so hat sich diese Zahl seither fast verzwanzigfacht. Die Thüringer Landesuniversität ist die einzige Volluniversität des Freistaats.

Seit 1995 besteht ein Universitätsverbund mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität Leipzig, der inzwischen mit Leben gefüllt ist. Ziel ist zum einen, den Studierenden die Möglichkeit zu geben, relativ unproblematisch an den Partneruniversitäten Veranstaltungen zu besuchen und damit das Fächer- und Themenspektrum zu erweitern. Aktuell ist z. B. eine Kooperation in der Lehre auf dem Gebiet der Bioinformatik hinzugekommen. Zudem bietet die Kooperation den Universitätsleitungen die Gelegenheit, bei ihren regelmäßigen Treffen Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Projekte anzustoßen. So ging z. B. die erfolgreiche Bewerbung um das Deutsche Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) vom Universitätsverbund aus. Die Kooperation setzt sich auf anderen Ebenen fort: etwa bei einem gemeinsamen Mentoringprogramm für Postdoktorandinnen oder im mitteldeutschen Archiv-Netzwerk. Und nicht zuletzt gibt es gemeinsame sportliche Aktivitäten.



Text: Wikipedia

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