Petrarca

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Francesco Petrarca (* 20. Juli 1304 in Arezzo; † 19. Juli 1374 in Arquà) war ein italienischer Dichter und Geschichtsschreiber. Er gilt als Mitbegründer des Renaissance-Humanismus und zusammen mit Dante Alighieri und Boccaccio als einer der wichtigsten Vertreter der frühen italienischen Literatur. Sein Name liegt dem Begriff Petrarkismus zugrunde, der eine bis ins 17. Jahrhundert verbreitete Richtung europäischer Liebeslyrik bezeichnet.

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Leben

Francesco Petrarcas Vater, der Notar Pietro di Parenzo (Beinamen: Petracco, Patraca)[1] wurde als Papstanhänger aus Florenz verbannt. Mit sieben Jahren folgte Petrarca ihm nach Avignon, wo Pietro di Parenzo ab 1312 gewohnt hatte, während seine Familie in Carpentras lebte. Petrarca studierte ab 1316 Jura in Montpellier und ab 1320 in Bologna. Er kehrte 1326 nach Avignon zurück. Das rechtswissenschaftliche Studium brach er ab, erhielt die niederen Weihen und hatte sein neues Domizil in einem Haus in Fontaine-de-Vaucluse im Gebiet des heutigen Départements Vaucluse. Petrarca wählte sich den Kirchenvater Augustinus zu seinem Vorbild und versuchte, dessen Lebenswandel nachzueifern. Nachdem sein Vater gestorben war, geriet Petrarca in wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Begegnung mit Laura

Am 6. April 1327, nach seiner Angabe ein Karfreitag, tatsächlich aber ein Ostermontag, sah er eine junge Frau, die er Laura nannte und die möglicherweise identisch war mit der damals etwa 16-jährigen und jungverheirateten Laura de Noves. Ihr Eindruck wirkte derart stark auf ihn, dass er sie als ideale Frauenfigur und dauerhafte Quelle seiner dichterischen Inspiration zeitlebens verehrte, wohl wissend und akzeptierend, dass sie für ihn unerreichbar war. Als Dichter strebte er nach Ruhm und Lorbeer (lateinisch laurus) und fand ein Mittel dazu in Laura.

„Laura […] erschien meinen Augen zum ersten Mal in meiner ersten Jünglingszeit, im Jahre des Herrn 1327, am sechsten Tag des Monats April, in der Kirche der heiligen Klara zu Avignon […]. Und in derselben Stadt, im gleichen Monat April, auch am sechsten Tag, zur gleichen Stunde, jedoch im Jahr 1348, ist dem Licht dieser Welt jenes Licht entzogen worden […].“

Geraldine Gabor und Ernst-Jürgen Dreyer schreiben, „daß sich ›Laura‹ unter dem unbefangenen Blick in reine Sprache auflöste, die in unendlichzähligen Bedeutungen spielt: L’auro, das Gold von Amors ›aurato strale‹ (dem goldenen Pfeil) und der ›aurata piuma‹ (dem goldenen Federkleid des Phönix) […]“. Wolf-Dieter Lange fügt an:

„Diese Worte, die eher verbergen als offenbaren, enthüllen die Stellung des Dichters zwischen Mittelalter und Renaissance. Die Zahlen, von denen er spricht, haben besonders seit den Kirchenvätern einen christlichen Symbolwert. Am 6. April ist Adam erschaffen, und am 6. April ist Christus gestorben. Zwischen dem Beginn der Liebe zu Laura 1327 und ihrem Tod 1348 liegen einundzwanzig, also drei mal sieben Jahre, auch dies christlich vielfach ausgedeutete Zahlen. Darüber hinaus besteht der ‚Canzoniere‘ mit seinem scheinbar reumütigen Einleitungssonett aus 366 Gedichten. Zieht man dieses Sonett ab, könnte sich die Zahl symbolisch auf die Tage eines Jahres beziehen. Vielleicht aber verweist die Zahl 366 unmittelbar auf Lauras Todesjahr, denn 1348 war ein Schaltjahr.“

Petrarca selbst hat diese Rerum vulgarium fragmenta, Bruchstücke alltäglicher Dinge, „seinen Freunden gegenüber immer als zweitrangig, als Jugendtorheit, als nugellae (Kleinigkeiten) bezeichnet“.

Besteigung des Mont Ventoux

In einem auf den 26. April 1336 datierten Brief, der auf Latein verfasst und an den Frühhumanisten Dionysius von Borgo San Sepolcro (* um 1300; † 1342) gerichtet war, schildert Petrarca, wie er zusammen mit seinem Bruder den Mont Ventoux in der Provence bestieg. Als er oben angekommen war, betrachtete er die Landschaft und wandte sich, angeregt durch ein zufällig aufgeschlagenes Wort aus den Confessiones des Augustinus, sich selber und damit der radikalen Subjektivität seiner Dichtung zu:

Et eunt homines mirari alta montium et ingentes fluctus maris et latissimos lapsus fluminum et oceani ambitum et gyros siderum, et relinquunt se ipsos.

„Und es gehen die Menschen hin, zu bestaunen die Höhen der Berge, die ungeheuren Fluten des Meeres, die breit dahinfließenden Ströme, die Weite des Ozeans und die Bahnen der Gestirne und vergessen darüber sich selbst.“ (Confessiones X, 8)

Das Zusammenfallen von Naturerlebnis und Rückwendung auf das Selbst bedeutet eine geistige Wende, die Petrarca, das Bekehrungserlebnis betreffend, in eine Reihe mit Paulus von Tarsus, Augustinus und Jean-Jacques Rousseau stellt. Petrarca sah die Welt im Unterschied zu mittelalterlichen Vorstellungen nicht mehr als eine feindliche und für den Menschen verderbliche, die nur Durchgangsstation in eine jenseitige Welt ist, sondern sie besaß nun in seinen Augen eine eigene Wertigkeit. Wie in der Landschaftsmalerei dieser Zeit klingt bei Petrarca eine neue Natur- und Landschaftserfahrung an, bei der sich ästhetische und kontemplative Sichtweisen miteinander verbinden. Einige Gelehrte sehen deswegen in der Besteigung des Mont Ventoux einen kulturhistorischen Schlüsselmoment an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit[2]. Daneben gilt Petrarca aufgrund dieser ersten „touristischen“ Bergbesteigung als Vater der Bergsteiger und als Begründer des Alpinismus. In der historischen Forschung ist jedoch umstritten, ob Petrarca tatsächlich den Mont Ventoux bestiegen hat oder nur eine literarische Fiktion mitteilt.[3] Ästhetische Natur- und Landschaftserfahrungen sind außerdem auch in mittelalterlichen Berichten nachweisbar, etwa in der Besteigung des Vulkankegels Vulcano durch den Dominikanermönch Burchardus de Monte Sion.[4]

Spätere Jahre

Petrarca reiste durch Frankreich, Deutschland und Belgien. In Lüttich stöberte er die vermeintlich für verloren gehaltene Verteidigungsrede Ciceros, pro archia, auf.[5] Danach zog er sich nach Fontaine-de-Vaucluse bei Avignon zurück. Dort lebte er von 1337 bis 1349 und schrieb einen großen Teil seines Canzoniere. 1341 wurde Petrarca auf dem Kapitol in Rom zum Dichter (poeta laureatus) gekrönt. Zwischendurch ging er an den Hof des Kardinals Giovanni Colonna in Avignon, und für acht Jahre war er Gesandter in Mailand. Das letzte Jahrzehnt lebte er abwechselnd in Venedig und Arquà. Zu seinem Freundeskreis gehörte u. a. Giovanni de Dondi (1318–1389), der Erfinder und Erbauer des „Astrariums“, einer der ersten öffentlichen astronomischen Uhren der Welt.

Den Naturwissenschaften und der Medizin, insbesondere den Ärzten[6] seiner Zeit stand Petrarca, der in Invective contra medicum quendam (verfasst zu Beginn der 1350er Jahre, in endgültiger, aus drei Büchern bestehender Fassung 1355) auch Stellung zur Bedeutung der Medizin für den Menschen genommen hat, jedoch kritisch gegenüber[7] und warnte auch den erkrankten Papst Clemens VI. vor unfähigen geschwätzigen Ärzten in dessen Umgebung.[8] So war er vor allem ein einflussreicher Kritiker der, im Gegensatz zur wahren Medizin von Hippokrates und Galen, erstarrten spätscholastischen Schulmedizin, der es als reiner scientia an göttlicher sapientia mangele.[9][10][11] Als angesehener Experte für antike Dokumente wurde Petrarca 1361 von Kaiser Karl IV. beauftragt, alle oder zumindest einen Teil der Urkunden des Privilegium Maius zu begutachten, einer habsburgischen Fälschung, die dem Fürstenhaus zahlreiche Privilegien verbriefen sollte. Petrarcas Urteil über die Fälschung fiel – zumindest in Teilen – vernichtend aus.[12]

Werke

Der am Anfang der Renaissance genannten Epoche geborene Petrarca gilt als Mitbegründer des Renaissance-Humanismus und war einer der größten Dichter Italiens. Er wollte die Antike als Ganze wiederbeleben.

Sein Canzoniere, ein Gedichtzyklus von 366 Gedichten, darunter 317 Sonette, in denen er seine reine, ausdauernde Liebe zu Laura besingt, der madonna angelicata, prägte inhaltlich und formal die europäische Lyrik der Renaissance (Petrarkismus). Als Hilfe zum Verständnis des Canzoniere wird oft Petrarcas Traktat Secretum meum angesehen. Dieser ganz im Stil seines großen Vorbildes Cicero abgefasste lateinische Dialog bietet auch einige interessante Anhaltspunkte zu Petrarcas Persönlichkeit.

Ausgangspunkt für seine Geschichtsschreibung war das Vorbild der Antike. Er versuchte, antike geschichtliche Beispiele auf die Gegenwart anzuwenden (viri illustres). Dabei wählte er die monographische Form oder reflektierte über wichtige Ereignisse (res memorandae). Petrarca verstand die Geschichte als Exemplum. Er nahm auf Moralvorstellungen beruhende Bewertungen vor. Geschichtsschreibung müsse den Menschen ermuntern und ihm Beispiele für sein Handeln geben. Er nahm keine Quellenkritik vor, sondern folgte der Quelle, die ihn am meisten überzeugte. Neu im Sinne eines Aufbruchs in die Renaissance war, dass Petrarca den Menschen in den Mittelpunkt des Weltgeschehens rückt – im Gegensatz zum mittelalterlichen Weltbild, in dem Gott als Weltenlenker fest verankert war. Dieser Perspektivenwechsel beeinflusste die Geschichte der Geschichtsschreibung.

Rezeption

Nach Petrarca ist ein bedeutender Literaturpreis benannt. Der von Hubert Burda gestiftete Petrarca-Preis wurde von 1975 bis 1995 und wieder 2010 bis 2014 an zeitgenössische Dichter und Übersetzer vergeben und soll an die Geschichte der Poesie erinnern.

Eine Marmorherme von Petrarca befindet sich neben solchen von Dante, Tasso und Ariost im Dichterhain vor der Westseite des Schlosses Charlottenhof, auch „Siam“ genannt. Die Hermen wurden von Gustav Blaeser geschaffen. In Arezzo wurde 1928 in unmittelbarer Nähe zum Duomo, im Park Paseggio del Prato, ein Denkmal für den Sohn der Stadt errichtet.

Der am 10. August 1991 entdeckte Asteroid (12722) Petrarca wurde im März 2001 nach ihm benannt.[13]

Musik

Von großer Bedeutung für die Musik waren seine Madrigale als Textvorlagen sowohl für das Trecento-Madrigal wie auch das Madrigal des 16. und 17. Jahrhunderts. Adrian Willaert und Cipriano de Rore hatten sich für ihre schnell als musterhaft rezipierten Madrigale der 1540er Jahre fast ausschließlich Petrarca-Sonette gewählt.[14] Willaert brachte 1559 seine Musica nova mit 22 Madrigalen auf Petrarca-Sonette heraus. Luca Marenzio vertonte ebenfalls Petrarca. Claudio Monteverdi schrieb vier Petrarca-Madrigale. Franz Schubert setzte 1818 drei Sonette Petrarcas in der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel und Johann Diederich Gries für Singstimme und Klavier (D 628–630).[15] Franz Liszt vertonte 1838–1839 drei Petrarca-Sonette unter dem Titel Tre Sonetti del Petrarca für Singstimme und Klavier (Searle 270, 1–3)[16] sowie 1843–1846 für Klavier (Searle 158).[17] Arnold Schönberg hat in seinen Orchesterliedern op. 8 sowie in der Serenade op. 24 Sonette Petrarcas in der Übersetzung von Karl August Förster vertont. Auch Akos Banlaky vertonte sie im 20. Jahrhundert.

Graböffnung

Petrarca hat seine Grabstätte in Arquà Petrarca nahe Padua gefunden. Im Jahr 2004 wurde nach einer Graböffnung festgestellt, dass der Schädel im Sarg offenbar zu einer Frau gehörte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich ansonsten um die sterblichen Überreste des Dichters. Die Wissenschaftler wollten Klarheit gewinnen, ob die Petrarca nachgesagte Körpergröße von 1,84 Meter stimme. Er wäre damit im Vergleich zu seinen Zeitgenossen ein Riese gewesen.

Die Gruft des Dichters, die 1380 von seinem Schwiegersohn Francesco da Brosano errichtet und 1630 von Grabräubern heimgesucht worden war, war schon am 5. Dezember 1873 zum Zwecke der Durchführung von anthropologischen Untersuchungen geöffnet worden. Die Öffnung erfolgte auf Antrag der Akademie von Bovolenta. Von den dazu berufenen Professoren wurde ein Bericht über den Vorgang erstattet.

Der Friedhof, den sich Petrarca als letzte Ruhestätte auserwählte, wurde 1874 anlässlich der 500. Wiederkehr seines Todestages in einen Platz umgestaltet, der 1965 mit Trachytplatten belegt wurde. Petrarcas Sarkophag besteht aus Veroneser Marmor.


Text: Wikipedia

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