Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal

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Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal
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Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal

Das 1950 bis auf den Sockel abgetragene Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal war ein Reiterdenkmal des ersten Deutschen Kaisers Wilhelm I. an der Berliner Schlossfreiheit gegenüber dem Eosanderportal an der Westseite des Berliner Stadtschlosses am Ufer des Spreekanals. In seiner Entstehungsgeschichte mit der direkten Einflussnahme von Kaiser Wilhelm II. und in seinen neobarocken Formen steht das Hauptwerk des Bildhauers Reinhold Begas für die Denkmalkultur des Wilhelminismus zusammen mit der Siegesallee und dem ursprünglich vor dem Reichstagsgebäude aufgestellten Bismarck-Nationaldenkmal.


Wettbewerbe und das Eingreifen des Kaisers

Nach dem Tod Wilhelms I. im Dreikaiserjahr 1888 wurde 1889 ein offener Wettbewerb für die Errichtung eines zentralen Nationaldenkmals zu seinen Ehren auf dem Schloßplatz in Berlin ausgeschrieben. Die Konkurrenz brachte nicht den gewünschten Erfolg. So erfolgte 1891 eine zweite, beschränkte Ausschreibung an acht ausgewählte Künstler. Der Standort des Denkmals wurde auf die Westseite des Schlosses an der Schlossfreiheit festgelegt. Der Entwurf von Reinhold Begas und Gustav Halmhuber

Als bekannt wurde, dass – vermutlich aufgrund einer Intervention von Kaiser Wilhelm II. – neben diesen acht Künstlern zusätzlich noch Reinhold Begas und der vor allem in München tätige Wilhelm von Rümann beteiligt werden sollten, zog sich die Hälfte der Künstler vom Wettbewerb zurück. Wie zu erwarten errang der vom Kaiser hochgeschätzte Begas den ersten Preis und führte das Denkmal mit seinen Schülern und von ihm protegierten jungen Bildhauern aus. Den architektonischen Teil der Anlage entwarf der Stuttgarter Architekt Gustav Halmhuber, der sich mit seinem in Zusammenarbeit mit Begas entstandenen Konkurrenzentwurf gegen den Hofbaurat Ernst von Ihne durchsetzte.

Im Juni 1894 begannen die Bauarbeiten mit dem Abbruch der Häuserzeile der Schlossfreiheit. Am 18. August 1895, dem 25. Jahrestag der Schlacht bei Gravelotte, wurde der Grundstein gelegt und im Rahmen der zehntägigen Hundertjahrfeier Kaiser Wilhelms I. (sog. Centenarfeier, siehe dazu Zentenarmedaille) wurde das Denkmal am 22. März 1897 in Anwesenheit vieler Ehrengäste enthüllt. Die Baukosten von vier Millionen Mark stellten eine beachtliche Summe dar, verglichen etwa mit dem einige Jahre später errichteten Alten Stadthaus in Berlin mit Baukosten von sieben Millionen Mark.

Das Denkmal war aufgrund seiner monumentalen Größe und der neobarocken Formensprache umstritten.


Beschreibung der Anlage

Das Zentrum des 21 Meter hohen Monuments bildete die 9 Meter hohe Reiterstatue des Kaisers, zur Linken begleitet von einem weiblichen Genius des Friedens. Die Ausrichtung des Reiterdenkmals des ersten Deutschen Kaisers in der Achse des Eosanderportals (Portal III), dem Hauptportal des Stadtschlosses, folgte in erhöhender Weise der Tradition der bisher um das Berliner Schloss errichteten Reiterdenkmäler. Das Denkmal des Großen Kurfürsten auf der Kurfürstenbrücke war auf das Portal I ausgerichtet und das Denkmal Friedrich Wilhelms III. im Lustgarten bezog sich auf Portal IV.

Der Bronzesockel, an dessen Ecken vier Siegesgöttinnen auf Kugeln schwebten, trug vorne die Inschrift Wilhelm der Große, Deutscher Kaiser, König von Preußen 1861–1888 und auf der Rückseite Aus Dankbarkeit und treuer Liebe das Deutsche Volk. Auf den Granitstufen des Unterbaues lagerten nördlich eine Kolossalstatue des Krieges und südlich eine des Friedens, geschaffen von Eugen Boermel. Auf den vier vorspringenden Ecken bewachten vier Löwen Siegestrophäen. Aus nördlicher Richtung war der hintere Teil des Denkmals vom Spreekanal aus zugänglich. Dort befindet sich ein auch heute noch erhaltener Anlegesteg, der wahrscheinlich für Schleppkähne genutzt wurde. Außer einigen Lüftungsschächten existieren keine weiteren Zugänge vom Anlegesteg zum Gewölbe.

Spöttische Zungen prägten für das Denkmal bald den Spitznamen Wilhelm in der Löwengrube. Dies spielte auf den kompositorischen Anklang der Zentralfigur im Halbkreis an das damals gerade europaweit reproduzierte Bild Daniel in der Löwengrube von Briton Rivière an.

Für Victor Laverrenz, der 1900 „Die Denkmäler Berlins und der Volkswitz“ herausgab, galt die imposante Denkmalsanlage als ein besonders abschreckendes Beispiel für die Unsitte mancher Bildhauer und Auftraggeber, einem an sich künstlerisch guten Standbild allerlei unnützes Beiwerk beizugeben: neben dem Kaiser und seinem Pferd sind dies „19 halbnackte Weiber, 22 dito Männer und 12 dito Kinder. Die eigentliche Zoologie aber ist, wie folgt, vertreten: 21 Pferde, 2 Ochsen, 8 Schafe, 4 Löwen, 16 Fledermäuse, 6 Mäuse, 1 Eichhorn, 10 Tauben, 2 Raben, 2 Adler, 16 Eulen, 1 Eisvogel, 32 Eidechsen, 18 Schlangen, 1 Karpfen, 1 Frosch, 16 Krebse, zusammen 157 Tiere.“ Die respektlosen Berliner nannten das Denkmal daher auch Zoo von Wilhelm zwo.

Die gesamte Denkmalanlage stand auf einem erhöhten Unterbau aus poliertem rotem Wirbogranit aus Schweden. Dieser erhöhte Festplatz rings um den Reiter war über neun Stufen vom Bürgersteig zu erreichen und war geeignet für nationale Feste aller Art.

Die Reiterstatue wurde auf den drei dem Schloss abgewandten Seiten von einer durch gekoppelte ionische Säulen gebildeten Sandsteinhalle eingefasst, die an den Enden durch zwei Eckpavillons abgeschlossen wurde. Um das terrassenförmige Ansteigen des Platzes noch mehr zu betonen, wurde die Halle nochmals um vier Stufen erhöht. Die offene und leichte Bauweise der Halle, nur die Ecken waren massiver ausgebildet, ermöglichte von allen Seiten eine gute Sicht auf den Reiter und das Schloss. Den Boden der Halle bedeckte ein prächtiger Mosaikfußboden, der in seiner farbigen Wirkung zur einfachen, aber edlen Sandsteinfarbe der Architektur und der Sculpturen in Gegensatz tritt.

Auf dem Sims der Vorderseite verkörperten vier Figurengruppen die Königreiche Preußen (von Peter Christian Breuer), Bayern (von August Gaul), Sachsen (von August Kraus) und Württemberg (von Peter Christian Breuer). Die vier Gruppen auf der Rückseite gegen die Spree stellten Handel und Schifffahrt (von Ludwig Cauer), Kunst (von Hermann Hidding), Wissenschaft (von Karl Begas) und Ackerbau und Gewerbefleiß (von Ludwig Cauer) dar. Der südliche Eckpavillon wurde bekrönt vom bronzenen Viergespann der Bavaria, ein Werk von Carl Hans Bernewitz. Das Gegenstück auf dem nördlichen Eckpavillon, das Viergespann der Borussia, schuf Johannes Götz.


Geschichte bis zur Abtragung 1950

Bei den Kämpfen der Novemberrevolution 1918 wurde das Denkmal in Teilen beschädigt. Bei der anschließenden Debatte entschied man sich jedoch mehrheitlich für einen Wiederaufbau und gegen einen Abriss. Den Zweiten Weltkrieg überstand das Monument ohne größere Schäden (vgl. dazu die Bilder bei Bodo Rollka / Klaus-Dieter Wille, s.u.). Im Winter 1949/50 jedoch ließ die SED das Denkmal bis auf den Sockel abtragen. Der Abriss war rein politisch motiviert, wie es auch kurze Zeit später beim Berliner Stadtschloss der Fall war. Der Sockel ist auch heute noch am südwestlichen Rand des Schloßplatzes zu finden und steht unter Denkmalschutz. Der Sockelboden ist teilweise mit Mosaiken verziert, die heute unter einer Asphaltschicht vor Witterungseinflüssen geschützt werden. In den unterirdischen Gewölben des Sockels stellen Künstler ihre Lichtkunstwerke aus, die in unregelmäßigen Abständen auf eigene Gefahr über die steile Leiter eines Revisionsschachts besichtigt werden können.

Vom eigentlichen Denkmal existieren noch zwei Löwengruppen (jeweils zwei Figuren), die befreit von den Trophäen in veränderter Formation und Funktion vor das Raubtierhaus im Tierpark Berlin versetzt wurden. Weiterhin existiert noch eine der Adlerfiguren von August Gaul, die im Besitz des Märkischen Museums ist. Die übrigen plastischen Teile des Denkmals wurden vernichtet.



Text: Wikipedia

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