Jüngerer Dalberger Hof

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Der Jüngere Dalberger Hof in Mainz ist ein 1718 fertiggestellter Herrensitz der Freiherren von Dalberg. Das Gebäude wurde als Ersatz für den nicht mehr standesgemäßen Älteren Dalberger Hof erbaut. Vorher befand sich an dieser Stelle der Hof der Familie Brendel von Homburg, wofür eine in einem Brunnen gefundene Sandsteinkartusche mit dem Brendelschen Wappen, der gezackten Wellenlinie spricht.

Da der alte Dalberger Hof dem gewachsenen Selbstverständnis der Familie nicht länger entsprach, beauftragte man den Architekten Johann Kaspar Herwarthel mit der Planung des größten noch erhaltenen Adelshofes in Mainz. In den Jahren 1715 bis 1718 entstand der sogenannte Jüngere Dalberger Hof anstelle des Hauses der Familie Brendel von Homburg gegenüber dem einige Jahre zuvor entstandenen Ingelheimer Hof.

Der Hof der Freiherren zu Dalberg wurde von vier Brüdern des Adelsgeschlechts in Auftrag gegeben. Hierauf weist die Inschrift Concordia fratrum erexit hin. Die dreigeschossige Anlage gruppiert sich um einen Innenhof. Die Hauptfassade des Palais wird zur Klarastraße hin durch den gewaltigen Mittelrisalit beherrscht. Die einst reiche Ausstattung und die Deckengemälde von Giovanni Francesco Marchini gingen bereits während der Belagerung der Stadt Mainz im Jahr 1793 verloren.

Mindestens ein Entwurf für die Gestaltung des Gartens an der Rückseite des Corps de Logis wird Johann Baptist Ferolski zugeschrieben. Cour d’Entrée und Garten sind in diesem Entwurf kombiniert, dieser somit von allen drei Flügeln des Ensembles umgeben.

Zu der Zeit als in Mainz noch keine Straßennamen und Hausnummern existierten, wurde das Gebäude Zu den drei Sauköpfen benannt, weil auf den Schlusssteinen der drei Eingänge von der Klarastraße aus Wildschweinköpfe ausgehauen waren. Die Wildschweinköpfe wurden beim Umbau des Hôtel de Dalberg zum Justizpalast im Jahr 1828 abgehauen. Im Jahr 1832 wurde zum Flachsmarkt hin ein Arresthaus angefügt. Der Flügel zur Emmeransstraße wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet.

Der Dalberger Hof diente der Exekutive bis Ende des 20. Jahrhunderts als Polizeipräsidium. Er war Schauplatz eines Hochverratsprozesses vom 23. Mai bis zum 8. Juni 1850 gegen 77 Demokraten. Auf dem Hauptfriedhof erinnert das so genannte Preußen-Denkmal an die im Straßenkampf am 21. Mai gefallenen preußischen Soldaten. Der „Mainzer Geheimbundprozess“, bei dem acht Sozialdemokraten wegen Verstößen gegen Bismarcks Sozialistengesetz vor Gericht standen fand 1887 im nun „Großherzoglich Hessischen Justizpalast“ statt.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden mehrere tausend politische Häftlinge, Juden, Sinti und Roma sowie ausländische Zwangsarbeiter im Keller des Dalberger Hofs inhaftiert, der wegen seiner ständigen Überfüllung berüchtigt war. Viele Gefangene wurden von dort aus in die Konzentrationslager Buchenwald, Ravensbrück, Dachau und Auschwitz oder in das SS-Sonderlager Hinzert im Hunsrück überführt. Am 27. Februar 1945 wurde der Dalberger Hof durch einen Luftangriff schwer beschädigt und nicht mehr als Gefängnis genutzt. Heute erinnert eine Gedenktafel im Foyer des Dalberger Hofes an die Funktion des Gebäudes während des "Dritten Reiches". Der Hof ist eine Station der Straße der Demokratie.


Spätere Nutzung

Eine Zeit lang war es Sitz des Peter Cornelius-Konservatoriums. Bis 2008 waren in diesem Gebäude Ämter der Stadt Mainz untergebracht: Amt für Stadtentwicklung, Statistik und Wahlen, Amt für Steuerung und Personal, Frauenbüro, Kultur- und Schulverwaltungsamt. Im Mai 2007 wurde ein Investorenwettbewerb um den Jüngeren Dalberger Hof durchgeführt.

Ein Konsortium führt derzeit den Bau von 57 Eigentumswohnungen durch. Zu Beginn der Bauphase hatte die Denkmalpflege Gelegenheit im Hof des Anwesens zu graben. Hierbei wurden über 150 Tonscherben eines Fliesenfußbodens mit Hirschsymbolik ausgegraben, die aus dem Mittelalter stammen. In sechs Metern Tiefe stieß man auf Spuren des römischen Erbes der Stadt (>Mogontiacum). Da von der Generaldirektion Kulturelles Erbe in der Nähe der römische Statthalterpalast vermutet wird, schließt der Landesdenkmalpfleger auf das Vorhandenseins eines repräsentativen römischen Gebäudes.

Gefunden wurden Bodenfliesen mit Eichenblattmuster, ein massiver Zinnteller, glasierte Ofenkacheln, eine Feldflasche und ein Langschwert. Aus nichtrömischer Zeit noch eine Goldmünze Johann II. von Nassau, der von 1397 bis 1419 Erzbischof in Mainz war.



Text: Wikipedia

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