Hans im Glück

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Hans im Glück ist ein Schwank. Er steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm ab der 2. Auflage von 1819 an Stelle 83 (KHM 83) und stammt aus der Zeitschrift Wünschelruthe, wo August Wernicke ihn ein Jahr zuvor (Jg. 1818, Heft 33) unter dem Titel Hans Wohlgemut veröffentlicht hatte. Ludwig Bechstein übernahm die Erzählung in sein Deutsches Märchenbuch als Hans im Glücke (1845 Nr. 24, 1853 Nr. 22).

Reklamemarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken mit einem Bezug zu Hans im Glück.

Märchen Serie Paul Nippold

Sonstige

Inhalt

Hans erhält als Lohn für sieben Jahre Arbeit einen kopfgroßen Klumpen Gold. Diesen tauscht er gegen ein Pferd, das Pferd gegen eine Kuh, die Kuh gegen ein Schwein, das Schwein gegen eine Gans, und die Gans gibt er für einen Schleifstein mitsamt einem einfachen Feldstein her. Er hat das Empfinden, jeweils so zu tauschen, dass alles eintrifft, was er sich wünscht, und fühlt sich vom Glück bevorzugt „wie ein Sonntagskind“. Zuletzt fallen ihm noch, als er trinken will, die beiden schweren Steine in einen Brunnen. Endlich ist er glücklich, die schweren Steine nicht mehr tragen zu müssen.

„So glücklich wie ich, rief er aus‚ gibt es keinen Menschen unter der Sonne. Mit leichtem Herzen und frei von aller Last ging er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter angekommen war.“

– Fassung der Brüder Grimm

Stil

Die Reden, mit denen ein jeder hier den Hans über den Tisch zu ziehen versteht und die jedes Mal ein realistischer Lobgesang auf die angepriesenen Alltagsgüter sind, sind immer zur Erheiterung der Zuhörer geeignet.[1]

In der Sammlung der Brüder Grimm ist Hans im Glück eines der Märchen, das nicht, wie knapp die Hälfte der dortigen Märchen, mit dem traditionellen Es war einmal ... beginnt.[2] Dies ist aber in der Fassung von Bechstein durchaus der Fall.

Interpretationen

Das Märchen lässt mehrere volkstümliche Interpretationen („Lehren“) zu, die auf der Hand liegen, etwa: „Nur die Einfalt findet das Glück“ oder „Frei zu sein, ist mehr als Gut und Geld“ oder auch „mundus vult decipi“ (lat., „die Welt will betrogen sein“). Künstlerisch ist dies als eine Stärke anzusehen. Der Philosoph Ludwig Marcuse schrieb zu Hans im Glück:[3]

„… man besitzt das Glück weder im Gold noch im Schwein noch im Stein. Vieles kann einen glücklich machen; aber kein Gut macht einen glücklich in jeder Beziehung.“

Hans’ Verhalten widerspricht laut Viktor Zielen jeder Logik und Konvention, was irritiert. Seine Leichtigkeit im Umgang mit anderen steht im Gegensatz zur Konsequenz seines Weges hin zur „Großen Mutter“, die das Grab sei. Zu ihrem Symbolkreis gehören auch seine Tiere.[4] Wolfdietrich Siegmund meint, Hans im Glück warne vor den fragwürdigen Tauschgeschäften des Lebens, ermutige aber zugleich, leidvolle Enttäuschungen umzuwandeln in tröstliche Gewissheit vom Sinn des Schicksals.[5] Wilhelm Salber bemerkt, das Märchen rufe zur Rückkehr auf.[6] Homöopathen verglichen das Märchen mit den Arzneimitteln Agaricus, Aurum, Magnesium carbonicum.[7] Siegfried Stadler liefert ironisch eine marxistische Deutung.[8] In motivationstheoretischer Interpretation aus Managementsicht ist Hans ein „eigennütziger Hedomat und unlustmeidender Glücksökonom“.[9] Karen Lippert verweist auf die Möglichkeit zweier gegensätzlicher Interpretationsweisen. Nur in der einen sei Hans im Glück der Einfaltspinsel und die Erzählung ein Schwank über seine Dummheit. Eine andere Interpretation sei die des Glücks durch Überwindung einer materiellen Weltsicht. In dieser Interpretation befreie sich Hans nach und nach von Besitz und Zwängen wie dem Schleppen schwerer Klumpen, dem Sorgenmüssen für Tiere oder einem Leben als fahrender Handwerker. Hans habe in dieser Lesart das Prinzip des positiven Denkens perfektioniert und erkenne sich selbst als seinen wertvollsten Besitz, der ihn letztlich glücklich mache.[10]

Es gibt ebenso Interpretationen aus weiteren Disziplinen (Philosophie, Philologie, Tiefenpsychologie, Politologie, Ökonomie).[11]

Rezeptionen

Ludwig Bechsteins Hans im Glücke in Deutsches Märchenbuch ist neu formuliert, sonst bis in Details sehr ähnlich. Er folgt Grimms Fassung, auch wenn Bechstein noch „Chamissos Gedicht“ im Musenalmanach für das Jahr 1832 (1831) angibt. Er übernahm ein Scherenschleiferlied aus Anton Wilhelm von Zuccalmaglios und Andreas Kretzschmers Deutsche Volkslieder in ihren Originalweisen, 1838.[12]

1832 schuf Adelbert von Chamisso unter dem Titel Hans im Glücke eine Bearbeitung in Versen.[13] Tragisch bearbeitete der dänische Schriftsteller Henrik Pontoppidan das Motiv in seinem mehrbändigen Roman Hans im Glück (1898–1904, dt. 1906). Die Clownrolle Oleg Konstantinowitsch Popows weist Parallelen zu Hans im Glück auf. In Janoschs Parodie sieht Hans alles positiv, z. B. als er vom Meister nur eine Gans erhält, die ihm wegläuft, als er im Krieg ein Bein verliert („Zwei Beine weg ist schlimmer!“) und seine Frau wegläuft.[14]


Text: Wikipedia

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