Gerolamo Cardano

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Gerolamo Cardano, auch Geronimo oder Girolamo Cardano (von Mailand) sowie Cardan, latinisiert Hieronymus Cardanus (Mediolanensis) (* 24. September 1501 in Pavia; † 21. September 1576 in Rom), war ein italienischer Arzt, Philosoph und Mathematiker und zählt zu den Renaissance-Humanisten.

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Leben

Gerolamo Cardano hat in seinen letzten Jahren das eigene Leben zu beschreiben begonnen. In dieser Lebensbeschreibung[1], welche er nicht fertig redigiert hat und die erst lange nach seinem Tod gedruckt worden ist, schildert er ausführlich, sehr offen, aber auch subjektiv gefärbt seine körperlichen und seelischen Zustände, Stärken und Schwächen, seinen Lebenslauf mit Freund- und Feindschaften, seine Studien und Kenntnisse sowie die lange Reihe seiner publizierten und unpublizierten Werke.

Cardano wurde 1501 als unehelicher Sohn des Mailänder Rechtsgelehrten Fazio Cardano (1444–1524) (einem universell und auch mathematisch gebildeten Freund von Leonardo da Vinci, der Vorlesungen in Pavia und Mailand hielt) und der sehr viel jüngeren Witwe Chiara Micheria in Pavia geboren. Bevor sie sich kennenlernten, hatte sie schon drei Kinder zu versorgen. Als sie Gerolamo erwartete, brach die Pest in Mailand aus und sie ging nach Pavia, musste dann aber nach ihrer Rückkehr feststellen, dass ihre drei anderen Kinder an der Pest verstorben waren. Später heiratete sie Fazio Cardano, sie lebten aber auch eine Zeit lang getrennt. Als Kind war er oft kränklich und unglücklich. Er war Assistent bei seinem Vater und lernte von ihm Mathematik, was in ihm den Wunsch weckte, Gelehrter zu werden. Cardano studierte ab 1520 (dem Wunsch seines Vaters folgend) Jura, Naturwissenschaften und Medizin in Pavia und, nachdem die Universität Pavia kriegsbedingt geschlossen wurde, in Padua. Er war ein hervorragender Student, schuf sich aber auch Feinde, da er kein Blatt vor den Mund nahm. 1526 wurde er in Padua in Medizin promoviert. Nach dem Tod seines Vaters hatte er sein kleines Erbe schnell durchgebracht und finanzierte sein Leben in der Folge meist durch Spiel (Karten, Schach, Würfel). Da dies aber auch zu einer Obsession wurde, führte es dazu, dass er immer wieder in finanzielle Not geriet. Das Spiel führte ihn aber auch zu bedeutenden Erkenntnissen in der Wahrscheinlichkeitstheorie.

Von 1526 bis 1532 arbeitete er als Arzt in Saccolongo[2] (in der Nähe von Padua), wo er 1531 Lucia Bandareni heiratete. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne und eine Tochter hervor. Ab 1534 war er Arzt am städtischen Armen- und Krankenhaus in Mailand und erhielt Lehraufträge an der Akademie für Vorlesungen in Mathematik, Astrologie und Architektur. 1539 wurde er nach langen Streitigkeiten in das Kollegium der Mailänder Ärzte aufgenommen und wurde 1541 Rektor dieses Kollegiums. Ab 1543 hielt er in Mailand Vorlesungen über Medizin. 1544 nahm er einen Ruf als Professor für Medizin in Pavia an. Allmählich verbesserten sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse.

Durch seine seit 1539 teils in Nürnberg von Johannes Petreius, teils in Basel[3] gedruckten Werke gelangte er zu europaweiter Berühmtheit. So erhielt er 1546 Angebote von Papst Paul III., 1547 von König Christian III. von Dänemark und vom schottischen Erzbischof John Hamilton (St. Andrews) für hochdotierte Stellungen als Leibarzt. Die Angebote lehnte er ab, reiste aber 1552 über Lyon und Paris nach Edinburgh. Dort heilte er Hamilton, der zuvor von den Leibärzten König Heinrichs II. und danach von Ärzten Kaiser Karls V. vergeblich behandelt wurde. Die Rückreise führte ihn über England, die Niederlande, Deutschland und die Schweiz mit zahlreichen Begegnungen mit Wissenschaftlern, Herrschern und Bischöfen.

In der Folge erhielt er Angebote als Leibarzt des schottischen Königs, des französischen Königs Heinrich II., des deutschen Kaisers Karl V. und des Herzogs von Mantua sowie als Ingenieur für den französischen Vizekönig Brissac, die er jedoch alle ablehnte. Von 1560 bis 1562 nahm er nach zwischenzeitlicher schriftstellerischer Tätigkeit und medizinischer Praxis seine Professur in Pavia wieder auf, stellte sie aber schließlich wegen Zahlungsunfähigkeit der kleinen Universität endgültig ein. 1563 übernahm er eine Professur für Medizin an der Universität Bologna und wurde später mit der Ehrenbürgerschaft Bolognas geehrt.

1560 wurde Cardanos ältester Sohn Gianbattista hingerichtet, weil er seine Ehefrau mit Gift umgebracht hatte. Der Vater verteidigte den geständigen Mörder vor Gericht und hoffte bis zuletzt auf eine mildere Strafe. Der unehrenhafte Tod des Sohnes, auf den er große Hoffnungen gesetzt hatte, war für ihn einer der schwersten Schicksalsschläge. Cardano: Brief an den Basler Buchdrucker Heinrich Petri, 1562

1570 wurde er von der Inquisition ohne Vorwarnung inhaftiert und nach drei Monaten Haft unter Auflagen wieder freigelassen. Neue Ergebnisse zu den Gründen von Cardanos Verhaftung brachte die Öffnung der Archive der Inquisition in den 2000er Jahren. Ausschlaggebend für die Inhaftierung dürfte danach ein Gutachten zu seiner Schrift De rerum varietate gewesen sein. Ein anonymer Inquisitor warf ihm darin ketzerische Aussagen vor. In der älteren Literatur und unter den Zeitgenossen war der genaue Grund seiner Inhaftierung nicht bekannt – nach den üblichen Praktiken der Inquisition erfuhren die Verhafteten nicht unbedingt den Grund – und bot Anlass zu Spekulationen. Cardano musste als eine der Auflagen der Inquisition darüber schweigen. Oystein Ore vermutete, dass die Verhaftung in Zusammenhang mit dem Vorgehen der Inquisition gegen prominente Persönlichkeiten im Rahmen der Gegenreformation stand, wozu allein ein zweifelhafter Ruf schon einen Verdacht begründen konnte. Die Schriften von Cardano boten an verschiedenen Stellen Angriffspunkte, auch wenn Cardano selbst jede Abweichung von den Lehren der katholischen Kirche kategorisch bestritt. So erstellte er ein Horoskop für Jesus, schrieb ein wohlwollendes Buch über den Christenverfolger Nero, und es finden sich Stellen zur Astrologie, die als häretisch ausgelegt werden konnten, da er das Schicksal des Individuums als von den Sternen bestimmt darstellt, was der Lehre der Kirche zuwiderlief. Verdächtig machte ihn auch, dass er viele seiner Bücher in Nürnberg, Basel und Lyon erscheinen ließ und so die Zensur in seiner Heimat umging. Überdies hatte der Basler Drucker in seinem Buch De rerum varietate, das nach den Unterlagen im Vatikan der hauptsächliche Auslöser gewesen war, einen abwertenden Hinweis auf die Dominikaner eingefügt[4], Cardano hatte sich davon aber sofort distanziert und eine Korrektur in einer späteren Auflage durchgesetzt.

Schließlich erlangte er eine Teil-Rehabilitation. Ihm wurde nahegelegt, auf seine Professur in Bologna zu verzichten, nicht mehr zu publizieren und stattdessen, mit einer päpstlichen Pension versehen, nach Rom zu übersiedeln. Der Vatikan sorgte auch für seine Aufnahme in das römische Ärztekollegium. Unter dem Schutz und der Aufsicht der Kirche verbrachte Cardano ziemlich zurückgezogen seine letzten Jahre, vor allem mit seiner Lebensbeschreibung beschäftigt. Einige seiner astrologischen Schriften wurden fortan aber auf dem Index der verbotenen Bücher mit dem Zusatz donec corrigantur (solange sie nicht korrigiert werden) geführt.

Gerolamo Cardano starb sechs Jahre später in Rom. Eine häufig zu hörende, jedoch durch nichts belegte Legende über Cardano besagt, dass er behauptet habe, seinen eigenen Tod bis auf die Stunde genau voraussagen zu können. Als die vorausgesagte Stunde gekommen war, habe er peinlich berührt feststellen müssen, dass er sich bester Gesundheit erfreute. Da er seinen eigenen Fehler nicht habe eingestehen wollen, soll er seinen Tod durch Verhungern selbst herbeigeführt haben. Dies ist ein typisches Beispiel für die Anfeindungen und Verleumdungen, denen Cardano zeit seines Lebens immer wieder ausgesetzt war und die selbst nach seinem Tod noch zu solchen Skurrilitäten führten.

Cardano muss, wie er sich selber schildert[5], ein seltsamer Mensch gewesen sein. In Gedanken ständig mit irgendwelchen Problemen beschäftigt, war er jähzornig, vorlaut, provokant, oft sehr schroff und scharfzüngig. Im Alter wurde er zu einem einsamen Sonderling. Dabei verfügte er über ein umfassendes Wissen und war ein guter Redner. In seinen Vorlesungen hat er fast immer frei gesprochen. Auch liebte er wissenschaftliche Disputationen und war als überaus kenntnisreicher, geschickter und schlagfertiger Gegner gefürchtet. All dies brachte ihm neben offensichtlicher Bewunderung auch viele Feinde ein. Schon seine Promotion in Pavia hat er erst im dritten Anlauf geschafft. Freunde hatte er nach eigenen Aussagen nur wenige, aber seine Gönner, Unterstützer und Mäzene waren zahlreich. Cardano nennt neben vielen anderen etwa Carlo Borromeo, Giovanni Morone und mehrere weitere Kardinäle sowie den Feldherrn und kaiserlichen Gouverneur von Mailand Alfonso d'Avalos, unter den Gelehrten den Juristen Andrea Alciato und den Anatomen Andreas Vesalius. Seinen Unterhalt verdiente Cardano vor allem als Arzt und Dozent. Ihm lag aber wenig daran, reich zu werden. So gab es in seinem Leben immer wieder Zeiten, in denen er kaum praktizierte, sondern neben seiner Leidenschaft als Spieler den Studien nachging und schrieb. Durch seine zahllosen Schriften – nachdem er 1573 120 Schriften verbrannt hatte[6], zählte er in seiner Lebensbeschreibung noch 55 publizierte und 45 unveröffentlichte Titel auf[7] – wollte er als Humanist seinen Namen unsterblich machen.


Text: Wikipedia

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