Arbeiterwohlfahrt

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Die Arbeiterwohlfahrt e. V. (AWO) ist ein dezentral organisierter deutscher Wohlfahrtsverband, der auf persönlichen Mitgliedschaften in seinen Ortsvereinen aufbaut. Sie ist einer der sechs Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und mit rund 210.000 hauptamtlichen Mitarbeitern[4] einer der großen Arbeitgeber in Deutschland.

Ihre Hauptaufgabe ist es, sozial schlechter gestellte Menschen zu unterstützen. Heutzutage betreut sie hauptsächlich Menschen mit Behinderungen und Senioren, betreibt aber beispielsweise auch Kindergärten, offene Ganztagsschulen, psychiatrische und forensische Kliniken, Einrichtungen für Ferienfreizeit und Beratungsstellen für Migranten, Asylbewerber und Menschen in Notlagen. Sie bekennt sich zu den Werten des freiheitlich-demokratischen Sozialismus.[5]

Siegelmarken

Geschichte

Entstehung und frühe Entwicklung während der Weimarer Republik (1919–1923)

Am 13. Dezember 1919 gründete Marie Juchacz (1879–1956), die zu den ersten Frauen in der Nationalversammlung gehörte[6], die AWO als Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt in der SPD. Neben ihr waren u. a. Elfriede Ryneck (2. Vorsitzende), Lore Agnes, Walter Friedländer, Robert Görlinger, Julius Moses, Louise Schroeder, Grete Vogel, Hedwig Wachenheim und Jeannette Wolff Gründungsmitglieder.[7] Reichspräsident Friedrich Ebert beschrieb sie mit dem Motto „Arbeiterwohlfahrt ist die Selbsthilfe der Arbeiterschaft“. Zunächst versuchte sie, vor allem die Not der durch den Ersten Weltkrieg Geschädigten zu lindern, indem sie Nähstuben, Suppenküchen,[8] Werkstätten zur Selbsthilfe und Beratungsstellen einrichtete. Später entwickelte sie sich zu einer Hilfsorganisation für alle sozial bedürftigen Menschen.

Im Jahr 1920 veröffentlichte der Hauptausschuss die ersten vorläufigen Richtlinien für seine Arbeit und die Tätigkeiten der wachsenden Anzahl von Ortsausschüssen und -einrichtungen. Die Arbeiterwohlfahrt konnte in dieser frühen Phase keine bedeutenden Ressourcen aufbauen und finanzierte sich größtenteils aus „Arbeitergroschen“, veranstaltete eine eigene Lotterie und verkaufte Arbeiter-Wohlfahrtsmarken.[9][10]

Im Januar 1925 beschloss die AWO bei einer Vertreterkonferenz in Berlin die Bildung eines Hauptausschusses und das Entstehen von elf Fachkommissionen. Im April desselben Jahres wurde die Arbeiterwohlfahrt e. V. beim Amtsgericht Berlin-Mitte eingetragen. 1926 erschien unter der Leitung von Hedwig Wachenheim zum ersten Mal die Zeitschrift Arbeiterwohlfahrt mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren. 1928 etablierte die Organisation eine eigene Schule, die Wohlfahrtsschule der Arbeiterwohlfahrt zur Ausbildung kommender Fürsorgerinnen und Fürsorger in Berlin und bildete in den folgenden Jahren viele Frauen und Männer für soziale Berufe aus. Schule und Geschäftsstelle des Hauptausschusses bezogen ein Gebäude am heutigen Mehringplatz in Berlin-Kreuzberg.[9]

In den Jahren nach der Gründung entwickelte sich die AWO zu einer bedeutenden Organisation. 1931 engagierten sich mehr als 130.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in rund 2.500 Ortsausschüssen mit verschiedenen lokalen Einrichtungen.[10][11]

Entwicklung während des Nationalsozialismus (1933–1945)

Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers wurde die AWO zunächst erfolglos gleichzuschalten versucht und dann aufgelöst und verboten. Einige Mitglieder arbeiteten illegal weiter, so Johanna Kirchner, die mithalf, bedrohte Personen aus der Arbeiterbewegung ins Exil zu schleusen.[12]

Nachkriegszeit und Bonner Republik (1946–1989)

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die AWO 1946 in Hannover als parteipolitisch und konfessionell unabhängige Hilfsorganisation neu gegründet. In der Sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR wurde sie nicht zugelassen. Eine Ausnahme bildete hier Ostberlin, wo die AWO bis zum Mauerbau im August 1961 als gesamtstädtischer Landesverband arbeitete. Details über die Neugründungsjahre sind aufgrund der verfügbaren Quellen nicht einfach zu rekonstruieren, bekannt ist jedoch, dass Marie Juchacz aus dem amerikanischen Exil mithilfe von Spenden Büchertransporte organisierte, um die SPD-Bibliothek neu auszustatten. Es wird davon ausgegangen, dass auch die Bibliothek der AWO mit entsprechenden Spenden bedacht wurde. Das AWO-Jahrbuch 1950/51 erwähnte die Bibliothek als neues zentrales Dienstleistungszentrum der Organisation.

Im Jahr 1959 hatte die AWO bundesweit 300.000 Mitglieder, 5.000 Ortsvereine, 353 Heime, 250 Kindergärten, 4.000 hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und über 70.000 Helferinnen und Helfer.[11][13]

Ab November 1989 gründeten sich mit Unterstützung westdeutschen AWO-Verbände die ersten Ableger der Arbeiterwohlfahrt im Osten. Besonders hervorzuheben ist eine frühe Wiedergründung, noch zu DDR-Zeiten am 18. Februar 1990, 57 Jahre nach ihrem Verbot, in Sonneberg auf Initiative des bayerischen Landtagsabgeordneten Walter Knauer und des Sozialmanagers Edmund Fröhlich.[14]

Zwei Jahre nach der Neugründung in Hannover begann die AWO ihre organisatorische Verknüpfungen zur Sozialdemokratie zu lösen und entwickelte sich schrittweise zu einem der großen unabhängigen Verbände der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland.

Wiedervereinigung und jüngere Geschichte (seit 1990)

Am 10. November 1990 schlossen sich die einzelnen Verbände der Arbeiterwohlfahrt in ganz Deutschland zusammen. Die AWO ist seitdem in ganz Deutschland tätig. Der Sitz des Bundesverbandes befindet sich in Berlin. Sie ist Trägerin des DZI-Spenden-Siegels.

Die Arbeiterwohlfahrt sieht sich selbst den Grundwerten Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit verpflichtet und arbeitet im ehrenamtlichen wie im hauptamtlichen Bereich nach den Leitsätzen und dem Leitbild der AWO, das zumindest bei einigen Neueinstellungen auch für Mitarbeiter verbindlich ist.


Text: Wikipedia

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