Alexander der Große

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Alexander der Große (altgriechisch Ἀλέξανδρος ὁ Μέγας Aléxandros ho Mégas; * 20. Juli 356 v. Chr. in Pella; † 10. Juni 323 v. Chr. in Babylon) war von 336 v. Chr. bis zu seinem Tod als Alexander III. König von Makedonien und Hegemon des Korinthischen Bundes.

Alexander dehnte ab 334 v. Chr. die Grenzen des Reiches, das sein Vater Philipp II. aus dem vormals eher unbedeutenden Kleinstaat Makedonien sowie mehreren griechischen Poleis errichtet hatte, durch den sogenannten Alexanderzug und die Eroberung des Achämenidenreichs bis an den indischen Subkontinent aus. Nach seinem Einmarsch in Ägypten wurde er dort als Pharao begrüßt. Auch aufgrund seiner großen militärischen Erfolge wurde das Leben Alexanders ein beliebtes Motiv in Literatur und Kunst, während Alexanders Beurteilung in der modernen Forschung, wie auch schon in der Antike, zwiespältig ausfällt.

Mit seinem Regierungsantritt begann das Zeitalter des Hellenismus, in dem sich die griechische Kultur über weite Teile der damals bekannten Welt ausbreitete. Die kulturellen Prägungen durch die Hellenisierung überstanden den politischen Zusammenbruch des Alexanderreichs und seiner Nachfolgestaaten und wirkten noch jahrhundertelang in Rom und Byzanz fort.

Reklamemarken

Leben

Frühe Jahre (356–336 v. Chr.)

Alexander wurde im Jahre 356 v. Chr. als Sohn König Philipps II. von Makedonien und der Königin Olympias geboren. Viele Einzelheiten seiner Biografie, vor allem aus der Kindheit, wurden bald legendenhaft ausgeschmückt oder frei erfunden. So berichtet Plutarch gut 400 Jahre später, dass Alexander ohne Zweifel seinen Stammbaum väterlicherseits auf Herakles und Karanos, den ersten König der Makedonen, zurückverfolgen konnte, wodurch Plutarch zugleich die Abstammung Alexanders vom Göttervater Zeus implizit hervorhebt.[1] Ebenso berichtet er, dass Olympias und Philipp Träume gehabt hätten, die ihnen der Seher Aristander so deutete, dass ihnen die Geburt eines Löwen bevorstehe.[2] Olympias nahm für sich in Anspruch, in direkter Linie von dem griechischen Heros Achilleus und Aiakos, einem weiteren Sohn des Zeus, abzustammen.[1] Gemäß einer (wohl ebenfalls legendären) Erzählung Plutarchs soll Alexander in jungen Jahren sein Pferd Bukephalos, das ihn später bis nach Indien begleitete, gezähmt haben, nachdem es zuvor niemandem gelungen war, es zu bändigen. Alexander erkannte, was den Fehlschlägen der anderen zugrunde lag: Das Pferd schien den eigenen Schatten zu scheuen. Daraufhin habe Philipp zu ihm gesagt:

Geh, mein Sohn, suche dir ein eigenes Königreich, das deiner würdig ist. Makedonien ist nicht groß genug für dich.[3]

Abgesehen von derlei Legenden ist wenig über Alexanders Kindheit bekannt. Makedonien war ein Land, das im Norden des Kulturraums des antiken Griechenlands lag. Es wurde von vielen Griechen als „barbarisch“ angesehen, und nur das Königsgeschlecht der Argeaden, zu dem auch Alexander gehörte, wurde aufgrund der behaupteten Abstammung von Herakles als griechisch anerkannt: Im frühen 5. Jahrhundert v. Chr. wurden erstmals Makedonen als Vertreter der Könige zu den Olympischen Spielen zugelassen, nachdem König Alexander I. eine Abstammung aus dem griechischen Argos und von Herakles in Anspruch genommen hatte.[4]

Noch heute birgt die Diskussion um die ethnische Zugehörigkeit der antiken Makedonen politischen Konfliktstoff.[5] Aus den verfügbaren Quellen ist ersichtlich, dass das Makedonische, von dem nur wenige Wörter überliefert sind, für die Griechen wie eine fremde Sprache klang.[6] Ob das Makedonische ein nordgriechischer Dialekt oder eine mit dem Griechischen verwandte eigenständige Sprache war, ist immer noch umstritten. Kulturell und gesellschaftlich unterschieden sich die Makedonen jedenfalls recht deutlich von den Griechen: keine städtische Kultur (siehe Polis), als Binnenreich kaum Kontakte zum mediterranen Kulturraum, und eine monarchische Staatsform, was in Griechenland zu dieser Zeit nicht die Regel war. Gerade das Königtum galt den Hellenen zu dieser Zeit als eine grundsätzlich ungriechische, barbarische Regierungsform. Auf viele Griechen wird die makedonische Gesellschaft zumindest archaisch gewirkt haben.[7] Erst ab dem späten 6. Jahrhundert v. Chr. verstärkte sich der griechische kulturelle Einfluss in der makedonischen Oberschicht.

Alexanders Vater Philipp II. hatte das bisher eher unbedeutende Makedonien, das vor ihm Streitobjekt der Adelsfamilien und Kleinkönige des Hoch- und des Tieflands gewesen war, geeint, seine Grenzen gesichert und es nicht zuletzt dank der Erschließung reicher Edelmetallvorkommen zur stärksten Militärmacht der damaligen Zeit gemacht. Er hatte Thessalien und Thrakien erobert und zuletzt alle griechischen Stadtstaaten mit Ausnahme Spartas in ein Bündnis unter seiner Führung gezwungen (Korinthischer Bund). Philipp begann anschließend mit den Vorbereitungen für einen Feldzug gegen die Perser.

Schon an den Kriegszügen gegen die Griechen war Alexander zuletzt beteiligt, vor allem in der Schlacht von Chaironeia (338 v. Chr.), in der ein Bündnis griechischer Poleis unter Führung Athens und Thebens unterworfen wurden. Die makedonische Phalanx erwies sich dabei als ein wichtiges Element für den militärischen Erfolg, zentral war jedoch die Rolle der Hetairenreiterei, die Alexander bei Chaironeia kommandierte. Seine späteren Erfolge gehen zweifellos zu einem bedeutenden Teil auf die Militärreformen seines Vaters zurück. Philipp umgab sich außerdem mit sehr fähigen Offizieren, wie etwa Parmenion, die auch einen großen Anteil an Alexanders späteren Siegen hatten.

Philipp holte den griechischen Philosophen Aristoteles in die makedonische Hauptstadt Pella und beauftragte ihn, Alexander in Philosophie, Kunst und Mathematik zu unterrichten. Alexander war gebildet; seine Abschrift der Ilias hütete er laut Plutarch wie einen Schatz, und er brachte der griechischen Kultur große Bewunderung entgegen.

Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn war keineswegs frei von Konflikten, gerade in Hinsicht auf die Liebschaften des Vaters, durch die sich Alexander bedroht sah. Philipp hatte 337 v. Chr. Kleopatra, die Nichte seines Generals Attalos, als Nebenfrau geheiratet. Während eines Banketts soll Attalos Öl ins Feuer gegossen und gesagt haben, er hoffe, dass Philipp nun endlich einen legitimen Erben erhalten würde. Alexander, dessen Mutter keine Makedonin war, sei daraufhin wutentbrannt aufgefahren und habe Attalos angeschrien:

Soll das heißen, ich sei ein Bastard?

Alexander warf einen Becher nach Attalos und wollte auf ihn losgehen. Auch Philipp erhob sich und zog sein Schwert, jedoch nicht um Alexander in Schutz zu nehmen, sondern um Attalos zu helfen. Da aber Philipp bereits betrunken war, stolperte er und fiel hin. Alexander soll ihn, so Plutarch, höhnisch angeblickt und sich den versammelten Makedonen zugewandt haben:

Seht ihn euch an, meine Herren. Dieser Mann will euch von Europa nach Asien führen, aber er scheitert schon bei dem Versuch, von einem Liegebett zum nächsten zu gehen. (Plutarch, Alexander, 9)

Alexander befürchtete nun offenbar, von der Thronfolge ausgeschlossen zu werden. Schließlich floh er mit seiner Mutter über Epeiros nach Illyrien. Nach einem halben Jahr kehrte er nach Pella zurück, doch seine Thronfolge blieb weiterhin unsicher.

Philipp wurde im Sommer 336 v. Chr. in der alten Hauptstadt Aigai (auch bekannt als Vergina) während der Hochzeit seiner Tochter Kleopatra mit dem König Alexander von Epeiros von dem Leibgardisten Pausanias ermordet.[8] Das Motiv des Täters scheint offensichtlich: Pausanias, den Freunde Alexanders sofort nach der Tat erschlugen, war ein Vertrauter Philipps gewesen und war von Attalos beleidigt worden; dabei fühlte er sich von Philipp ungerecht behandelt. Es gab aber bald Gerüchte, wonach Alexander als Drahtzieher an der Tat beteiligt gewesen war. Die Mutmaßungen über die Hintergründe des Mordes und über eine Verwicklung von Olympias und Alexander sind weitgehend spekulativ, auch wenn eine Mitwisserschaft nicht ausgeschlossen werden kann.[9]

Regierungsübernahme und Sicherung der Macht (336–335 v. Chr.)

Im Jahre 336 v. Chr. folgte der zwanzigjährige Alexander seinem Vater auf den Thron.[10] Dass es keinen nennenswerten Widerstand gab, ist offenbar Antipater zu verdanken, der das Heer dazu bewog, Alexander als König anzuerkennen. Schon in den ersten Tagen ließ er Mitglieder des Hofstaats exekutieren, die das Gerücht gestreut hatten, Alexander habe etwas mit der Ermordung seines Vaters zu tun gehabt. Als nächstes wandte er sich seinem Erzfeind Attalos zu, der sich auf der Flucht befand, jedoch von seinem Schwiegervater Parmenion getötet wurde. Sowohl Antipater als auch Parmenion standen deswegen lange in Alexanders besonderer Gunst und profitierten nicht unerheblich davon: Antipater blieb während des Asienfeldzugs als Reichsverweser in Makedonien, während Parmenion sich seine Unterstützung mit großem Einfluss im Heer vergelten ließ.

Noch 336 ließ sich Alexander in Korinth die Gefolgschaft der griechischen Städte versichern. Die Völker in Thrakien und Illyrien versuchten jedoch, die Situation zu nutzen und die makedonische Herrschaft abzuwerfen. Alexander zog im Frühjahr 335 v. Chr. mit 15.000 Mann nach Norden ins heutige Bulgarien und Rumänien, überquerte die Donau und warf die thrakische Revolte nieder.[10] Anschließend verfuhr er ebenso mit den Illyrern[10] (siehe auch: Balkanfeldzug Alexanders des Großen).

Während Alexander im Norden kämpfte, beschlossen die Griechen im Süden, dass dies der Zeitpunkt sei, sich von Makedonien zu befreien. Ihr Wortführer war Demosthenes, der die Griechen davon zu überzeugen versuchte, dass Alexander in Illyrien gefallen und Makedonien herrscherlos sei. Als erste erhoben sich die Einwohner Thebens und vertrieben die makedonischen Besatzungssoldaten aus der Stadt.

Alexander reagierte augenblicklich und marschierte direkt von seinem Illyrienfeldzug südwärts nach Theben. Die Phalanx seines Generals Perdikkas eroberte die Stadt, wo Alexander zur Bestrafung sämtliche Gebäude mit Ausnahme der Tempel und des Wohnhauses des Dichters Pindar zerstören ließ. Sechstausend Einwohner wurden getötet, die übrigen 30.000 wurden in die Sklaverei verkauft. Die Stadt Theben existierte nicht mehr und sollte erst zwanzig Jahre später wieder aufgebaut werden, aber nie mehr zur alten Bedeutung zurückfinden.

Abgeschreckt von Alexanders Strafgericht brachen die anderen Städte Griechenlands ihre Revolte ab und ergaben sich. Von den Korinthern ließ sich Alexander von neuem die Gefolgschaft versichern und verschonte sie daraufhin, da er sie als Verbündete in seinem Persienfeldzug brauchte.

Beginn des Persienfeldzugs (334–333 v. Chr.)

Das Perserreich war zu Alexanders Zeit die größte Territorialmacht der Erde. Die Perserkönige hatten in den zurückliegenden Jahrhunderten die Levante, Mesopotamien, Ägypten und Kleinasien erobert und zwischen 492 und 479 v. Chr. mehrere Versuche unternommen, auch Griechenland zu unterwerfen (siehe Perserkriege). Aus Sicht von Griechen wie Isokrates ebenso wie der älteren Forschung war das Reich aber um 340 v. Chr. geschwächt und hatte seinen Zenit überschritten. In der neueren Forschung wird dies allerdings bestritten; so war den Persern wenige Jahre vor dem Alexanderzug die Rückeroberung des zwischenzeitlich abgefallenen Ägypten gelungen. Ob Persien für die Makedonen eine leichte Beute war, ist daher umstritten.

Als sich Alexander 334 v. Chr. dem Perserreich zuwandte,[11] wurde dies von Dareios III. aus dem Haus der Achämeniden beherrscht. Schon Alexanders Vater Philipp hatte Pläne für einen Angriff auf die Perser geschmiedet, angeblich, um Rache für die Invasion Griechenlands rund 150 Jahre zuvor zu nehmen, wobei es sich dabei eher um Propaganda handelte und machtpolitische Gründe den Ausschlag gegeben haben dürften.[12] Eine Armee unter Parmenion, einem der fähigsten makedonischen Generäle, war bereits über den Hellespont nach Asien gegangen, wurde von den Persern aber zurückgeschlagen. Alexander überschritt den Hellespont im Mai 334 v. Chr. mit einer Armee aus etwa 35.000 Makedonen und Griechen, um in die Kämpfe einzugreifen, während rund 12.000 Makedonen unter Antipatros Makedonien und Griechenland sichern sollten.

In der Schlacht am Granikos (Mai 334 v. Chr.) kam es zur ersten Begegnung mit den persischen Streitkräften unter der Führung eines Kriegsrates der Satrapen. Der persische General Memnon von Rhodos, ein Grieche, führte 20.000 in persischen Diensten stehende griechische Söldner, doch konnte er sich im Kriegsrat der Satrapen mit einer defensiven Taktik nicht durchsetzen. Alexander errang auch aufgrund einer ungünstigen Aufstellung der Perser einen deutlichen Sieg. Memnon konnte mit einem Teil der Söldner entkommen. Dadurch war die Befreiung der Städte Ioniens möglich geworden, die Alexander als Motiv für seinen Feldzug genannt hatte. Nach dem Sieg ernannte Alexander eigene Statthalter für die bisherigen Satrapien und übernahm damit die politischen und wirtschaftlichen Strukturen der persischen Verwaltung Kleinasiens.

In Lydien zog Alexander kampflos in Sardes ein. Er weihte den örtlichen Tempel dem Zeus und nutzte die Reichtümer der Stadt, um seine Männer zu bezahlen. Dann zog er weiter nach Ephesos. Dort war kurz zuvor Memnon mit den Resten der Söldner vom Granikos hindurchgezogen und hatte Unruhen unter den städtischen Parteien entfacht. Alexander ließ die alten Institutionen wiederherstellen und regelte die Befugnisse des Tempels der Artemis. Nach einer Ruhe- und Planungspause brach der König mit dem Gros des Heeres nach Milet auf, der größten Stadt an der Westküste Kleinasiens. Der dortige Satrap kapitulierte als Einziger nicht, da ihm die Ankunft einer persischen Hilfsflotte von 400 Schiffen versprochen worden war. Da auch Alexander von dieser Flotte gehört hatte, wies er Nikanor an, mit 160 Schiffen die Einfahrt zur Bucht von Milet zu versperren. Anschließend gelang ihm die Einnahme der Stadt (Belagerung von Milet).

Die Perser, die immer noch unter dem Befehl Memnons standen (allerdings hatten Unstimmigkeiten im persischen Oberkommando einen effektiven Widerstand erschwert), sammelten sich nun in Halikarnassos, der Hauptstadt Kariens, und bereiteten die Stadt auf eine Belagerung vor (→ Belagerung von Halikarnassos). Die Kämpfe waren für Alexander sehr verlustreich. Zwischenzeitlich handelte er einen Waffenstillstand aus, um die makedonischen Gefallenen zu bergen – etwas, was er nie zuvor getan hatte und nie wieder tun sollte. Als er letztlich die Mauern durchbrach, entkam Memnon mit dem Großteil seiner Soldaten auf Schiffen aus der fallenden Stadt. Indem Alexander der karischen Satrapentochter Ada die Herrschaft über Halikarnassos versprach, sicherte er sich das Bündnis mit dem Volk Kariens. Manche Quellen sprechen davon, dass Ada Alexander adoptierte. Hier zeigte Alexander erstmals seine Taktik, Großzügigkeit gegenüber besiegten Völkern walten zu lassen, um sie nicht gegen die Makedonen aufzubringen.

Das ursprüngliche Ziel des Persienfeldzugs, die Eroberung der Westküste Kleinasiens, war hiermit erreicht. Dennoch beschloss Alexander, die Expedition fortzusetzen. Entlang der Küsten Lykiens und Pamphyliens traf die makedonisch-griechische Streitmacht auf keinerlei nennenswerten Widerstand. Eine Stadt nach der anderen ergab sich kampflos. Alexander ernannte seinen Freund Nearchos zum Statthalter von Lykien und Pamphylien.

Im Winter 334/333 v. Chr. eroberte Alexander das anatolische Binnenland. Er stieß vom Süden vor, sein General Parmenion von Sardes im Westen. Die beiden Armeen trafen sich in Gordion, der Hauptstadt der persischen Satrapie Phrygien. Hier soll Alexander der Große der Legende nach den Gordischen Knoten mit seinem Schwert durchschlagen haben, über den ein Orakel prophezeit hatte, nur derjenige, der diesen Knoten löse, könne die Herrschaft über Asien erringen. Es gibt aber auch die Version, dass Alexander mit der Breitseite des Schwertes auf die Wagendeichsel schlug, so dass der Druck den Knoten auseinanderriss.

Die Makedonen blieben einige Zeit in Gordion, um Nachschub an Männern und die Einfuhr der Ernte abzuwarten. Während dieser Zeit starb Memnon, der Befehlshaber der persischen Armee, im August 333 v. Chr. an einer Krankheit. Zu seinem Nachfolger wurde Pharnabazos ernannt, und da sich die Perser bereits wieder formierten, brach Alexander erneut auf. In Gordion ließ er seinen General Antigonos als Statthalter Phrygiens zurück und übertrug ihm die Aufgabe, den Norden Anatoliens zu unterwerfen und die Nachschubwege zu sichern.

Durch Kappadokien marschierte Alexanders Heer nach Kilikien. Dort nahm er nach einem kurzen Gefecht die Hauptstadt Tarsos ein, wo er bis zum Oktober blieb.

Schlacht bei Issos (333 v. Chr.)

In Tarsos erfuhr Alexander, dass Dareios III. die Bedrohung endlich ernst genug nahm, um selbst ein Heer aus dem persischen Kernland nach Westen zu führen. Plutarch zufolge war dieses persische Heer 600.000 Mann stark – eine Angabe, die sicherlich maßlos übertrieben ist: Der berühmte Althistoriker Karl Julius Beloch, der den Quellen immer sehr skeptisch gegenüberstand, schätzte die tatsächliche Zahl der Perser auf höchstens 100.000, die Stärke des makedonischen Heeres dagegen auf ca. 25.000 bis 30.000 Mann.[13]

Dareios gelang es, Alexanders Armee im Norden zu umgehen und Issos zu besetzen, wodurch er die Nachschubwege blockierte. Auch ließ Dareios die in Issos zurückgebliebenen Verwundeten töten. In der Schlacht bei Issos trafen die Armeen im Kampf aufeinander, bis Dareios aufgrund der großen Verluste der Perser vom Schlachtfeld floh. Die Makedonen beklagten 450 Tote und 4000 Verwundete. Unbekannt sind die persischen Verluste, sie dürften aber weit höher gewesen sein. Insgesamt hatte die persische Führung während der Schlacht mehrere Fehler begangen, angefangen bei der Aufstellung – man hatte auf die Umgruppierungen Alexanders nicht reagiert. Auch als Symbol kam der Schlacht große Bedeutung zu: Dareios hatte sich als seinem Gegner nicht gewachsen gezeigt.

Zur Sicherung des Lagers der Perser sandte Alexander seinen General Parmenion nach Damaskus. Neben dem reichen Kriegsschatz befanden sich hier auch mehrere Mitglieder der königlichen Familie.[14] Zu den Gefangenen, die in die Hände der Makedonen fielen, gehörten die Mutter des Dareios, seine Frau Stateira, ein fünfjähriger Sohn und zwei Töchter. Alexander behandelte sie mit Respekt. Außerdem wurde Barsine gefangen genommen, die Witwe des Memnon. Es kam zu einer Liebesaffäre zwischen Alexander und Barsine, aus der später ein Sohn hervorgehen sollte, der Herakles genannt wurde.

Schon bald bat Dareios Alexander um den Abschluss eines Freundschaftsvertrags und die Freilassung seiner Familie. Alexander antwortete, Dareios solle zu ihm kommen und Alexander als „König von Asien“ anerkennen, dann würde seine Bitte erfüllt; andernfalls solle er sich auf den Kampf vorbereiten.

Nach der Schlacht gründete Alexander die erste Stadt in Asien, die er nach sich benannte: Alexandretta, das heutige İskenderun. Hier siedelte er die 4000 Verwundeten der Schlacht an.

Lage nach der Schlacht von Issos

Der Ausgang der Schlacht überraschte die antike Welt. Die Erwartungen der Herrscher von Karthago, in Italien, Sizilien, von Sparta bis Zypern, die Kalkulationen der Handelsherren im westlichen Mittelmeerraum, in Athen, auf Delos und in Phönizien erfüllten sich nicht: „… statt der erwarteten Siegesnachricht aus Kilikien kam die von der gänzlichen Niederlage des Großkönigs, von der völligen Vernichtung des Perserheeres.“[15]

Auch die Delegationen aus Athen, Sparta und Theben, die im Hauptquartier des Großkönigs in Damaskus den Verlauf der Feldzüge verfolgten, wurden von Alexanders Feldherrn Parmenion gefangen gesetzt. Alexander selbst widerstand der Versuchung, den Krieg durch einen Marsch nach Babylon rasch zu entscheiden, doch hatte er es nicht einfach, seine Befehlshaber und Gefährten von einer Defensivstrategie zu überzeugen.

Nach wie vor beherrschte die persische Flotte das östliche Mittelmeer – sie verfügte zwar über keine Häfen mehr in Kleinasien, jedoch nach wie vor in Phönizien. Durch die Münzgeldtribute hier waren die finanziellen Mittel der Perser noch wenig eingeschränkt, und auch Ägypten stand ihnen noch als logistische und militärische Basis zur Verfügung. Die kommenden Winterstürme ließen zwar keine Flottenunternehmungen mehr erwarten und damit auch keine Gefahr einer raschen Erhebung der Griechen gegen Makedonien – insbesondere des Spartanerkönigs Agis IV. Allerdings kam es nun auch auf das Verhalten der phönizischen Geschwader an, die einen Großteil der persischen Flotte stellten. Zwar verblieben sie in dieser Jahreszeit noch in der Fremde, doch nahm Alexander an, dass er diese Kontingente durch eine sofortige Besetzung ihrer Heimatstädte zumindest neutralisieren könne. Johann Gustav Droysen kommentiert: „Auch die kyprischen Könige glaubten, für ihre Insel fürchten zu müssen, sobald die phönikische Küste in Alexanders Gewalt war.“[16] Nach einer Besetzung Phöniziens und Ägyptens könne dann ein Feldzug nach Asien von einer gesicherten Basis aus geführt werden, obwohl die Perser natürlich auch Zeit für neue Rüstungen gewannen. Die Versammlung stimmte Alexanders Plan zu.

Die Schlacht von Issos hatte noch keine grundsätzliche Entscheidung gebracht: Entgegen den Erwartungen wurde das makedonische Heer nicht vernichtet, und Alexander besaß mit der persischen Kriegskasse in Damaskus die Mittel zur Fortführung des Feldzuges. Eingezogen wurden in Damaskus „2600 Talente in Münzgeld und 500 Pfund Silber“, die „(ausreichten), alle Soldschulden der Armee und Sold für etwa sechs weitere Monate zu bezahlen …“[17]

Belagerung von Tyros und das zweite Angebot des Dareios (332 v. Chr.)

Während die Städte in der nördlichen Hälfte Phöniziens – Marathos, Byblos, Arados, Tripolis und Sidon – sich dem Makedonen bereitwillig ergaben, war die dominierende Handelsmetropole Tyros allenfalls zu einem Vergleich bereit. Sie baute dabei auf ihre Insellage knapp vor der Küste, auf ihre vor Ort verfügbare eigene Flotte und die Unterstützung ihrer mächtigen Tochterstadt Karthago. Nachdem Alexander der Zutritt zur Stadt verwehrt worden war – sein Prüfstein war das Verlangen nach einem Opfer im Tempel des Stadtgottes Melkart, des tyrischen Herakles –, brach der König die Verhandlungen ab. Er beschloss, Tyros um jeden Preis einzunehmen, denn er plante schon den Vorstoß nach Ägypten und wollte eine feindliche Stadt, die sowohl mit den Persern als auch mit rebellischen Kräften in Griechenland kooperieren würde, nicht unbezwungen in seinem Rücken lassen. Eine von Arrian überlieferte angebliche Rede Alexanders vor seinen Offizieren, in der die strategischen Überlegungen erläutert werden, ist allerdings eine literarische Fiktion, die auf der Kenntnis des späteren Verlaufs des Feldzugs beruht.[18] Vor dem Beginn der Belagerung bot Alexander den Tyrern Schonung an, falls sie kapitulierten. Sie töteten jedoch seine Unterhändler und warfen die Leichen von den Stadtmauern. Damit war der Weg zu einer Einigung endgültig versperrt.[19]

Ohne Flotte blieb nur die Möglichkeit eines Dammbaues durch das zumeist seichte Gewässer, das die vorgelagerte Inselstadt von der Küste trennte, und der Versuch, mit Belagerungsmaschinen Teile der Mauern zu zerstören. Die Finanzierung dieser aufwendigen Methode, die eine entwickelte Technik und die dafür entsprechenden Materialien und Fachkräfte erforderte, konnte Alexander durch die Beute aus dem persischen Hauptquartier in Damaskus bewerkstelligen.

Ein erster Dammbau wurde von den Tyrern erfolgreich bekämpft: Es gelang ihnen bei stürmischem Wetter mit einem Brander die zwei Belagerungstürme an der Spitze des Dammes zu entzünden und durch Begleitschiffe mit Geschützen jeden Löschversuch zu vereiteln. Der Sturm riss zudem den vorderen Teil des Dammes weg. Der Vorfall löste im makedonischen Heer vorübergehende Entmutigung aus.

Dazu trafen Gesandte des Dareios ein und überbrachten ein neues Friedensangebot des Großkönigs, das Alexander „den Besitz des Landes diesseits des Euphrat“, 10.000 Talente Lösegeld für seine bei Issos gefangene Mutter Sisygambis und seine Gemahlin Stateira sowie die Hand seiner ebenfalls gefangenen Tochter Stateira anbot. Im Anschluss spielte sich ein vermutlich von Kallisthenes von Olynth, den Alexander als Hofhistoriker mit auf den Feldzug genommen hatte, verbreitetes Gespräch ab: Der Befehlshaber Parmenion meinte, wäre er Alexander, so würde er akzeptieren. Alexander entgegnete, das würde er auch tun, wenn er Parmenion wäre. Alexander ließ Dareios mitteilen, er, Alexander, werde sich nehmen, was er wolle; wenn Dareios etwas von ihm erbitten wolle, solle er zu ihm kommen.[20]

Der Damm wurde in größerer Breite wiederhergestellt und mit neuen Türmen versehen.[21] In der Zwischenzeit – nach den Winterstürmen – trafen auch die phönizischen Flottenkontingente und die Geschwader der Könige von Zypern in ihren Heimathäfen ein und standen nun Alexander zur Verfügung; insgesamt 250 Schiffe, darunter auch Vier- und Fünfruderer.

Diese Bundesgenossenschaft lag auch in der Feindschaft der kleineren Städte Phöniziens gegen Tyros begründet: Die Metropole hatte zwanzig Jahre zuvor zwar einen Aufstand unter Führung von Sidon gegen die Perser befürwortet und Hilfe zugesagt, dann jedoch den Verlauf der Auseinandersetzungen abgewartet und war von den Persern für diese Haltung belohnt worden. Nach der Niederschlagung der Erhebung und der Zerstörung von Sidon errang Tyros die Vorherrschaft unter den phönizischen Handelsstädten.

Während die neu gewonnene Flotte ausgerüstet wurde, unternahm Alexander eine Expedition durch das küstennahe Gebirge des Antilibanon, um die Festungen von Gebirgsstämmen zu bezwingen, den Nachschub (Holz für den Maschinenbau) und die Verbindung nach Damaskus zu sichern.

Die Karthager konnten den Tyrern nicht helfen, da sie sich im Krieg mit Syrakus befanden.[22] Nach weiteren wechselvollen Kämpfen um die Stadtmauern und zur See, die die Tyrer immer mehr Schiffe kosteten, war die Zeit zum Sturmangriff reif. Alexander beschloss einen kombinierten Land- und Seeangriff. Auf der durch den Damm erreichbaren Seite gelang es, Breschen in die Mauern zu schlagen und ein Landeunternehmen durchzuführen. Die phönizischen Schiffe sprengten die Sperrketten im Südhafen und bohrten die dort liegenden Schiffe in den Grund, die zyprische Flotte verfuhr ebenso im Nordhafen – dort gelang es den Truppen, zusätzlich in die Stadt einzudringen. Die überlieferte Zahl von 8000 Gefallenen der Stadt soll sich auf die gesamte Belagerungszeit beziehen.[23] Ob die anschließende angebliche Kreuzigung von 2000 Kämpfern den Tatsachen entspricht, ist umstritten. Im Vorfeld des letzten Angriffes ließ Alexander Schiffe der Karthager und seiner verbündeten Phönizier zur Evakuierung der Bevölkerung passieren.[24] In Heiligtümer oder Tempel Geflüchtete wurden verschont.

Zahlreiche Einwohner – die überlieferte Zahl von 30.000 gilt allerdings als stark übertrieben – wurden in die Sklaverei verkauft.[25] Das war in der Antike eine gängige Praxis, um die Kriegskassen aufzufüllen. Alexander soll allerdings sehr selten zu diesem Mittel gegriffen haben, da er die Bevölkerung für sich gewinnen wollte, denn er konnte sich eine ständige Bedrohung durch Aufständische in seinem kaum durchgängig besetzbaren Hinterland nicht leisten.

Tyros wurde wieder aufgebaut und neu besiedelt, um unter makedonischer Hoheit die beherrschende Position in Phönizien zu sichern. Die Nachricht von diesem mit modernster Kriegstechnik errungenen Sieg – die Belagerungstürme sollen eine Höhe von 45 Metern erreicht haben – machte in der antiken Welt weit über die betroffene Region hinaus einen starken Eindruck.[26]

Eroberung von Gaza

Alexander, der während der Belagerung auch die Verwaltung und Logistik in den neu gewonnenen Gebieten ordnete, „brach etwa Anfang September 332 von Tyros auf.“[27] Die Städte und Stämme im südlichen Syrien ergaben sich bis auf die Hafenstadt Gaza.

Die Stadt war seit Jahrhunderten der Hauptumschlagplatz des Gewürzhandels. Mit einer Eroberung Gazas konnte Alexander einen der lukrativsten Handelsbereiche zwischen Ost und West unter seine Kontrolle bringen, doch standen den Makedonen dort nicht nur eine recht starke persische Garnison, deren Kommandeur, ein Eunuch namens Batis, als gegenüber Dareios besonders loyal galt, sondern auch arabische (nabatäische) Söldnertruppen gegenüber. Gaza konnte sich rund zwei Monate halten und wurde erst nach harten Kämpfen erobert, bei denen Alexander selbst verwundet wurde. Wie zuvor im Fall von Tyros verhielt sich Alexander nach seinem Sieg gnadenlos gegenüber den Verteidigern. Möglicherweise ist der erbitterte persische Widerstand auch auf die Strategie des Dareios zurückzuführen, sich im Westen so viel Zeit wie möglich zu erkaufen, um im Osten weitere Truppen für den Kampf gegen Alexander zu sammeln.[28] Dass der Kommandant Batis nach der Eroberung wie Hektor durch Achilles vor Troja um die Stadt geschleift worden sein soll, wird angezweifelt.[29]

Einen unmittelbaren Gewinn konnte sich Alexander von einer Eroberung nicht versprechen, denn die Gewürzhandelsgeschäfte des Jahres waren abgeschlossen, da „die Route nur einmal im Jahr befahren wurde.“ Wetterverhältnisse und „Orientierungsschwächen beschränkten die Aktivitäten mediterraner Seefahrt auf das halbe Jahr zwischen Mai und Oktober, in dem das Wetter in der Regel verläßlich gut war. […] Faktisch lag der Zeitpunkt Mitte August (Hesiod, 700 v. Chr.), denn es stand auch noch die Rückreise an.“ Organisiert war diese Fahrt bis in die Spätantike als riesiges „Kauffahrtgeschwader“ zuerst entlang der östlichen Küsten – vor allem Kornfrachter, Sklaven- und Baumaterial-Transporten sowie Postschiffen und anderen, die dann übers Meer von Kriegsschiffen begleitet wurden.[30] Durch die Belagerung von Tyros waren die Handelsunternehmen 332 v. Chr. schon stark beeinträchtigt worden.

Alexander nahm sofort den Hafen von Gaza zum Antransport der zerlegten Belagerungsmaschinen in Beschlag. Die Stadt selbst lag nahe dem Meer auf einem flachen Hügel.[31] Gaza war auch der letzte freie Ankerplatz für die persische Flotte in Syrien und somit auch an der kompletten östlichen Mittelmeerküste. Die Flotte war mittlerweile in Auflösung begriffen, da die griechischen Kontingente nun ebenfalls – klimabedingt – im Herbst in ihre Heimathäfen zurück segelten.

Es wird davon ausgegangen, dass der Gewürztransport nach Gaza danach in der „Felsenstadt“ Petra – der davor liegenden Station der Weihrauchstraße – angehalten wurde. Petra war „zentrales Weihrauchlager“, da die Stadt in einem Talkessel gewaltige Lagerhallen (Höhlen) besaß. „In Petra saßen die Ökonomen, die kontrollierten, was sie zu welchem Preis an die mediterranen Küsten bringen wollten.“[32] Für 332 war das Geschäft allerdings schon gelaufen.

Den jahreszeitlichen Bedingungen zufolge kehrten im Herbst auch die Kauffahrtsflotten zurück und trafen in Phönizien überall in Häfen ein, die von den Makedonen kontrolliert wurden. Die Auflösung der persischen Kriegsflotte im Herbst war ebenfalls eine Routineangelegenheit, doch war es allen Beteiligten klar, dass die Kontingente auf Grund der makedonischen Besetzung sämtlicher Festlandshäfen im östlichen Mittelmeer im nächsten Frühjahr nicht wieder unter persischem Kommando zusammengeführt werden würden.

Seekrieg (332 v. Chr.)

Während Alexander mit dem Heer 332 v. Chr. den größten Teil des Jahres mit Belagerungen zur Vervollständigung seiner Blockade der persischen Seemacht verbrachte – und dabei die phönizischen Hafenstädte und ihren Handel unter seine Kontrolle nahm –, war die Flotte der Perser durch den bereits im Frühjahr erfolgten Abzug der phönikischen und kyprischen Kontingente geschwächt und verhielt sich defensiv.

Die persischen Admirale Pharnabazos und Autophradates versuchten – meist mit Hilfe begünstigter oder eingesetzter Machthaber – die wichtigsten Inseln unter ihrer Kontrolle zu behalten. In Griechenland, das Alexanders Statthalter Antipater bis auf die Peloponnes fest im Griff hatte, rührte sich kein Widerstand. Lediglich der Spartanerkönig Agis III. setzte noch auf die persische Karte und hatte Kreta durch seinen Bruder und Mitregenten Agesilaos besetzen lassen.

Doch schon im Vorjahr, noch während des Aufenthalts in Gordion 333 v. Chr., hatte Alexander „Amphoteros, den Bruder des Orestiden Krateros“ beauftragt, „‚in Übereinstimmung mit den Abmachungen des Bündnisses‘ eine neue griechische Flotte auszurüsten.“ Dank „der erbeuteten Schätze aus Sardis“[33] gelangen die Anfänge dazu und nach dem Sieg bei Issos und dem darauf folgenden Winter, der keine Flottenunternehmungen zuließ, stand Alexanders neue Flotte im Frühjahr 332 v. Chr. bereit.

Nun konnten die makedonischen Nauarchen Hegelochos und Amphoteros ihrerseits systematisch die Inseln besetzen – von Tenedos und Chios (wo der persische Admiral Pharnabazos mit der Besatzung von 15 Trieren in Gefangenschaft geriet) – bis nach Kos und schließlich Lesbos. Dort handelte der athenische Söldnerführer Chares mit zweitausend Mann freien Abzug aus und begab sich nach Tainaron, dem Hafen und Söldnermarkt südlich von Sparta.

Amphoteros unterwarf zuletzt noch die kretischen Stützpunkte, während Hegelochos bereits nach Ägypten steuerte, „um selbst die Meldung vom Ausgang des Kampfes gegen die persische Seemacht zu überbringen, zugleich die Gefangenen abzuliefern […] So war mit dem Ausgang des Jahres 332 der letzte Rest einer persischen Seemacht, die das makedonische Heer im Rücken zu gefährden und dessen Bewegungen zu hindern vermocht hätte, vernichtet.“[34]

Besetzung Ägyptens (332–331 v. Chr.)

Ägypten war in den vorangegangenen sieben Jahrzehnten mehrfach von den Persern angegriffen und besetzt worden und ging ihnen regelmäßig durch Aufstände wieder verloren. Erst seit drei Jahren war es wieder in der Hand des Großkönigs, doch „Ägypten war von Truppen entblößt, weil der Satrap Sabakes mit einem großen Aufgebot nach Issos gekommen und selbst dort gefallen war. […] Mazakes, vom Großkönig [..] zum (neuen) Satrapen ernannt, konnte nicht an Widerstand denken.“[35] Er übergab unter Auslieferung von 800 Talenten für freies Geleit die Grenzfestung Pelusion.

Ein Teil der makedonischen Flotte segelte nun den Nil aufwärts zur Hauptstadt Memphis, während sich Alexander mit den Truppen auf dem Landmarsch über Heliopolis dorthin begab. In Memphis opferte Alexander dem ägyptischen Gott Apis, wie er auch den Göttern anderer eroberter Länder Opfer darbrachte, anstatt ihn zu verachten wie der persische Großkönig Artaxerxes III., der den heiligen Stier des Gottes hatte töten lassen. „Als Gegengabe scheint Alexander als Pharao des Oberen und Unteren Ägyptens gekrönt worden zu sein, wenngleich diese Ehrung nur in dem „frei erfundenen“ Alexander-Roman erwähnt wird.“[36] „Die Krönung kann nicht auf einen Monat genau datiert werden, bestätigt wird sie aber durch die Pharaonentitel, die ihm in ägyptischen Tempelinschriften [etwa auf dem Amun-Tempel von Luxor] zugeschrieben sind.“[37]

Alexander zog danach am westlichen Nil entlang nordwärts und gründete im Januar 331 v. Chr. an der Mittelmeerküste Alexandria,[38] die bedeutendste all seiner Stadtgründungen.

Im März zog Alexander von Paraetonium[39] aus 400 Kilometer südwestwärts durch die Wüste zum Orakel von Siwa, einem dem Gott Amun geweihten Tempel.[39] Was er dort an Botschaften empfing, ist unbekannt. Antike Quellen berichten, Alexander habe dort erfahren, dass er der Sohn des Zeus sei; so soll ihn der oberste Priester als „Sohn des Zeus“ begrüßt haben. Jedoch hatte Alexander sich schon vorher als Sohn des Zeus bezeichnet.

Womöglich sollte man den religiös-kulturellen Aspekt dieser Reise aber nicht zu sehr gewichten, denn ebenso können ökonomische Gründe eine Rolle gespielt haben, so die Unterwerfung der Kyrenaika und die Kontrolle über die wirtschaftlich wichtigen Karawanenwege in dieser Region.[40] Von Siwa kehrte Alexander nach Memphis zurück, verweilte dort einige Wochen und führte seine Truppen dann zurück nach Palästina.

Eroberung des persischen Kernlands (331–330 v. Chr.)

Im Mai 331 v. Chr. kehrte Alexander nach Tyros zurück. Er befahl hier den Wiederaufbau der Stadt, die er mit befreundeten Phöniziern wieder besiedeln ließ. 15.000 zusätzliche Soldaten waren im Frühling aus Makedonien entsandt worden, und bei Tyros trafen sie im Juli mit Alexander zusammen. Seine Armee bestand nun aus 40.000 Fußsoldaten und 7000 Reitern.

Alexander zog ostwärts durch Syrien und überquerte den Euphrat. Sein Plan mag gewesen sein, von hier aus südwärts nach Babylon zu ziehen, doch eine Armee unter dem persischen Satrapen Mazaios verstellte den Weg. Alexander vermied die Schlacht, die ihn viele Männer gekostet hätte, und zog stattdessen nordwärts. Derweil zog Dareios selbst eine neue große Streitmacht in Assyrien zusammen, und dieses Heer war es, das Alexander treffen wollte. Im September 331 v. Chr. überquerte das Heer den Tigris.

Am 20. September, unmittelbar vor der Schlacht, kam es zu einer Mondfinsternis, die die Perser verunsicherte, weil sie sie als schlechtes Omen deuteten. Das Heer Alexanders lagerte 11 Kilometer von der persischen Armee entfernt bei einem Dorf namens Gaugamela, weshalb die folgende Schlacht als Schlacht von Gaugamela bekannt wurde. Am 1. Oktober kam es zum Kampf. Wenngleich das Heer des Dareios auch diesmal den Truppen Alexanders zahlenmäßig weit überlegen war, siegte abermals Alexander. Er vermochte aber nicht, Dareios selbst zu töten oder gefangen zu nehmen. Obwohl dieser damit erneut entkommen war, war seine Armee praktisch vernichtet. Alexander dagegen hatte nun die Herrschaft über die Satrapie Babylonien gewonnen und konnte ungehindert ins reiche Babylon einziehen. Mazaios, der sich nach der Schlacht von Gaugamela nach Babylon zurückgezogen hatte, übergab die Stadt an Alexander, der sie durch das Ischtar-Tor betrat und sich zum „König von Asien“ ausrufen ließ.

Während die Griechen die Völker Asiens zuvor als Barbaren verachtet hatten, sah Alexander sie mit anderen Augen. Fasziniert von der Pracht Babylons befahl er die Schonung aller Bauwerke. Alexander verzieh dem persischen Satrapen Mazaios und ernannte ihn zu seinem Statthalter in Babylon.

Nach fünfwöchigem Aufenthalt zog Alexander weiter ostwärts, um die großen persischen Städte im Kernland anzugreifen. Susa ergab sich kampflos. Im Januar 330 v. Chr. erreichten die Makedonen die persische Hauptstadt Persepolis. Zahlreiche Einwohner begingen vor seinem Einzug Selbstmord oder flohen. Die ältere Meinung, Alexander habe die Stadt plündern und den Königspalast niederbrennen lassen, ist inzwischen von der jüngeren Quellenkritik relativiert worden. Archäologische Funde bestätigen, dass lediglich die Gebäude, die Xerxes I. errichtet hatte, brannten, was die Darstellung Arrians wahrscheinlicher macht.

Verfolgung und Tod des Dareios (330 v. Chr.)

Zwar war Persien nun in Alexanders Hand, doch König Dareios III. war noch immer am Leben und auf der Flucht. Da Alexander mitgeteilt worden war, dass Dareios sich in Medien aufhalte, folgte er seiner Spur im Juni nach Nordwesten nach Ekbatana. Doch auch Dareios’ Anhängerschaft hatte jetzt keine Hoffnung mehr, Persien zurückzugewinnen. Die Vollkommenheit der Niederlage ließ nur die Möglichkeit zu, sich zu ergeben oder zeitlebens zusammen mit Dareios zu fliehen. Bisthanes, ein Mitglied der Königsfamilie, entschied sich, in Ekbatana zu bleiben, wo er Alexander empfing und ihm die Stadt übergab. Alexander zeigte sich wiederum großzügig und ernannte einen Perser zu seinem Statthalter in Medien. In Ekbatana entließ Alexander auch die griechischen Verbündeten und die thessalischen Reiter, was als Zeichen zu verstehen war, dass der vom Korinthischen Bund beschlossene „Rachefeldzug“ damit beendet war. Teile des Bundesheeres wurden jedoch von Alexander als Söldner angeworben.

Dareios setzte inzwischen seine Flucht fort. Er hoffte, Zuflucht in Baktrien zu erhalten, wo ein Verwandter namens Bessos Satrap war. Bessos aber setzte Dareios gefangen und schickte einen Unterhändler zu Alexander. Er bot ihm an, Dareios an die Makedonen zu übergeben, wenn im Gegenzug Baktrien frei bliebe. Alexander ging nicht auf die Verhandlungen ein und setzte die Verfolgung fort. Bessos tötete seine Geisel im Juli und floh seinerseits. Die Leiche des Dareios wurde von Alexander nach Persepolis gebracht und dort feierlich beigesetzt.

Verfolgung des Bessos (330–329 v. Chr.)

In der Zwischenzeit hatte Alexander erkannt, dass er zur Sicherung der Herrschaft über das Perserreich die Unterstützung der persischen Adligen brauchte. Er nutzte Dareios’ Ermordung daher, die Perser zu einem Rachezug gegen Bessos aufzurufen, der sich nun den Namen Artaxerxes gegeben hatte und sich Großkönig von Persien nannte. Die Soldaten waren wenig begeistert davon, dass sie den Tod ihres Erzfeindes vergelten und zudem gemeinsam mit Persern kämpfen sollten. Außerdem war ihnen das Land im Nordosten vollkommen unbekannt. Die dortigen Provinzen Baktrien und Sogdien lagen in etwa auf den Territorien der heutigen Staaten Afghanistan, Usbekistan und Turkmenistan.

Im August 330 v. Chr. brach Alexander zu einem neuen Feldzug auf und eroberte zunächst Hyrkanien, die persische Satrapie an der Südküste des Kaspischen Meeres. Unter jenen, die mit Alexander kämpften, war Oxyartes, ein Bruder des Dareios. Statt von Hyrkanien den direkten Weg nach Baktrien zu wählen, zog Alexander über Aria, dessen Satrap Satibarzanes an Dareios’ Gefangennahme beteiligt gewesen war. Alexander eroberte die Hauptstadt Artacoana, verkaufte die Einwohner in die Sklaverei und benannte die Stadt in Alexandreia um; der heutige Name der Stadt ist Herat.

Auf seinem weiteren Weg kam es zu einem Zwischenfall, als Philotas, der Sohn des Parmenion, beschuldigt wurde, einen Anschlag auf Alexanders Leben unternommen zu haben. Ob dieser Versuch wirklich unternommen worden war, ist unklar. Vielleicht diente die Affäre Alexander bloß als Vorwand, sich Parmenions zu entledigen, der zum Wortführer seiner Kritiker avanciert war. Sie missbilligten Alexanders Neigung, die Perser zu ehren und ihre Gewänder zu tragen, und sahen dies als Anbiederung an ein barbarisches Volk an. Philotas wurde an Ort und Stelle mit einem Speer getötet. Ein Kurier wurde dann zu den Adjutanten des in Ekbatana gebliebenen Parmenion gesandt. Sie töteten Parmenion auf Alexanders Befehl.

Nach beschwerlicher Reise entlang des Flusses Tarnak erreichte Alexander im April 329 das Zentrum des heutigen Afghanistan und gründete Alexandria am Hindukusch (heute Chârikâr). Von hier aus wollte Alexander das Gebirge überschreiten und auf diesem Wege in Baktrien einfallen. Einer Legende zufolge fand man hier den Berg, an den der Titan Prometheus gekettet worden war.

Als die Nachricht nach Baktrien gelangte, dass Alexander dabei war, den Hindukusch zu übersteigen, fürchteten die Einwohner von Baktra (heute Balch) die Bestrafung ihrer Stadt und vertrieben Bessos. Die beschwerliche Überquerung des Gebirges hatte die Soldaten indessen gezwungen, manche ihrer Lasttiere zu schlachten. Als sie erschöpft in Baktrien ankamen, wurde das Land ihnen kampflos übergeben. Alexander ernannte seinen persischen Vertrauten Artabazos, den Vater der Barsine, zum Satrapen.

Alexander hielt sich nicht lange in Baktra auf und folgte weiterhin Bessos, der nordwärts zum Oxus (Amudarja) geflohen war. Der 75 Kilometer lange Marsch durch wasserlose Wüste wurde vielen zum Verhängnis. Bessos hatte inzwischen alle Schiffe zerstören lassen, mit denen man den Amudarja hätte überqueren können. Die Makedonen brauchten fünf Tage, um genügend Flöße für die Überquerung des Flusses anzufertigen. Dann setzten sie in die Satrapie Sogdien im heutigen Turkmenistan über.

Die Begleiter des Bessos wollten nun nicht länger fliehen. Sie meuterten gegen ihn, nahmen ihn gefangen und händigten ihn an Alexander aus. Dieser zeigte sich gnadenlos und ließ Bessos die Nase und die Ohren abschneiden. Anschließend übergab Alexander den Verstümmelten an Dareios’ Bruder Oxyartes, damit er ihn nach Medien an den Ort brächte, wo Dareios ermordet worden war. Dort wurde Bessos gekreuzigt.

Alexander ging indessen weiter nach Norden und erreichte die sogdische Hauptstadt Marakanda (heute Samarkand). Alle Satrapien des Perserreichs unterstanden nun Alexander, und niemand außer ihm selbst erhob mehr Anspruch auf den Königstitel über Persien.

Alexander in Sogdien (329–327 v. Chr.)

Nach der Einnahme von Marakanda zog Alexander noch weiter bis zum Syrdarja und gründete dort im Mai 329 v. Chr. die Stadt Alexandria Eschatê („das entfernteste Alexandria“), das heutige Chudschand in Tadschikistan. Etwa gleichzeitig erhob sich die Bevölkerung Sogdiens gegen ihn. Anführer der Rebellion, die Alexander erhebliche Schwierigkeiten bereitete, war ein Mann namens Spitamenes, der zuvor Bessos verraten und an Alexander übergeben hatte. Die Sogdier, die Alexander zunächst begrüßt hatten, nun jedoch sahen, dass eine Fremdherrschaft durch eine andere ersetzt wurde, machten die makedonischen Besatzungen nieder. Alexander zog Truppen zusammen und marschierte von einer rebellischen Stadt zur anderen, belagerte sieben von ihnen und tötete anschließend sämtliche männlichen Einwohner, wohl um ein abschreckendes Exempel zu statuieren. In der Zwischenzeit eroberte Spitamenes Marakanda zurück, doch Alexander gewann die Stadt erneut, wobei Spitamenes allerdings entkam. Da das Heer geschwächt und stark reduziert war, musste Alexander von der Verfolgung ablassen. Im Zorn brannte er Dörfer und Felder jener Bauern nieder, die die sogdische Revolte unterstützt hatten. Für den Winter 329/328 v. Chr. zog er sich nach Baktra zurück und erwartete neue Truppen, die bald darauf aus dem Westen eintrafen und bitter benötigt wurden.[41]

Im Frühling 328 v. Chr. kehrte Alexander nach Sogdien zurück. Den Quellen zufolge gründete er am Amudarja ein weiteres Alexandria, das vielleicht mit der heutigen Siedlung Ai Khanoum identisch ist. Der Kampf gegen die sogdischen Rebellen dauerte das ganze Jahr. Erst Monate später zeigte sich, dass die Anhänger des Spitamenes ihren Befehlshaber zu verlassen begannen. Das Haupt des Rebellenführers wurde Alexander schließlich im Dezember 328 v. Chr. überbracht.

Während der Sieg gefeiert wurde, kam es zu einem Streit zwischen Alexander und seinem General Kleitos. Kleitos, der altmakedonisch gesinnt war, sollte demnächst nach Baktrien aufbrechen. Grund war vermutlich sein Alter, aber Kleitos sah dies als Herabsetzung an. Es ist auch möglich, dass Kleitos bei dieser Gelegenheit die Proskynese kritisierte, ein von Alexander übernommenes persisches Hofritual der Unterwerfung unter den Herrscher. Die Streitenden waren zu diesem Zeitpunkt betrunken, und Kleitos hatte Alexanders Vater Philipp zu loben begonnen. Hierdurch fühlte sich Alexander so beleidigt, dass es zum Streit kam, in dessen Verlauf Alexander vergeblich nach seinen Waffen suchte, da sie vorsichtshalber von einem Leibwächter beiseitegelegt worden waren. Alexander, der möglicherweise Verrat befürchtete, rief in höchster Erregung auf Makedonisch nach einer Lanze, entriss einer Wache eine und tötete mit ihr Kleitos, der ihm am Granikos das Leben gerettet hatte. Als Alexander wieder bei Besinnung war, bereute er diese Tat zutiefst: Es heißt, er solle geklagt und geweint und versucht haben, sich das Leben zu nehmen. Er sah diese Tat jedenfalls als einen seiner schwersten Fehler an. Alexanders Neigung zu übermäßigem Alkoholgenuss – er trank allerdings fast ausschließlich in Gesellschaft – blieb eine Schwäche, bei der er häufig die Selbstkontrolle verlor. Das gemeinsame Trinken der Männer (Symposion) gehörte fest zum gesellschaftlichen Leben in der griechischen Welt.

Im folgenden Jahr 327 v. Chr. eroberte Alexander noch zwei sogdische Bergfestungen. Dann war niemand mehr übrig, der ihm Widerstand hätte leisten können. Zwei Jahre hatten die Sogdier sich gegen Alexander erhoben und ihn in immer neue Scharmützel verwickelt. Nach dieser Zeit waren die meisten von ihnen tot oder versklavt. Bevor Alexander nach Baktrien zurückkehrte, ließ er 11.000 Mann Besatzung in den eroberten Gebieten Sogdiens zurück.

Alexander in Baktrien (327 v. Chr.)

Zurück in Baktra gab Alexander eine Reihe von Befehlen, die seine makedonische Generalität weiter von ihm entfremdete. Da sich baktrische Reiter bei den Feldzügen in Sogdien als hilfreich erwiesen hatten, befahl Alexander seinen Generälen, 30.000 junge Perser und Baktrier zu Phalanx-Soldaten auszubilden. Auch in die Kavallerie wurden Einheimische integriert. Die Soldaten akzeptierten die Auflagen widerstrebend, denn noch immer trauten sie den Persern nicht.

Alexander heiratete in Baktra die sogdische Prinzessin Roxane, Tochter eines Mannes namens Oxyartes (nicht identisch mit dem gleichnamigen Bruder des Dareios). Durch diese politische Heirat gedachte er zur Befriedung Sogdiens beizutragen. Dafür schickte Alexander seine langjährige Geliebte Barsine und den gemeinsamen unehelichen Sohn Herakles fort. Die Heirat war auch eine Beleidigung für Alexanders Verbündeten Artabazos, den Vater der Barsine, seinen Statthalter in Baktrien.

Außerdem versuchte Alexander, das persische Hofritual der Proskynese einzuführen: Jeder, der vor den König treten wollte, musste sich vor ihm verbeugen und das Gesicht auf den Boden pressen. Freie Makedonen und Griechen unterzogen sich einer solchen Unterwerfungsgeste allerdings nur vor den Göttern. Es heißt, dass mehrere von Alexanders Generälen sich weigerten, sich derart vor ihm zu erniedrigen. Fortan galt sie nur noch für Perser.

Alexanders Anordnungen wurden als so befremdlich empfunden, dass es diesmal zur offenen Revolte unter den griechischen Soldaten zu kommen drohte. Im Rahmen der sogenannten Pagenverschwörung ließ Alexander auch eine Reihe von einstigen Gefolgsleuten hinrichten, darunter seinen Hofbiografen Kallisthenes.

Indienfeldzug (326 v. Chr.)

Nach der Eroberung des gesamten Perserreichs fasste Alexander den Beschluss, sein Imperium weiter nach Osten auszudehnen. Indien war für die Griechen ein halblegendäres Land, über das sie kaum etwas wussten. Das Land, das damals Indien genannt wurde, ist nicht identisch mit dem heutigen Staat Indien. Es begann dort, wo Persien endete, im Osten Afghanistans, und umfasste Pakistan und das heutige Indien. Eine definierte Ostgrenze gab es nicht, da kein Reisender jemals weit nach Indien vorgedrungen war. Die westlichsten Teile jenes Indiens hatten zu Zeiten Dareios’ I. zu Persien gehört. Indien war kein geeinter Staat, sondern bestand aus einer Vielzahlvon Kleinstaaten. Für den Indienfeldzug gab es keinerlei militärische Notwendigkeit. Die Gründe werden auch heute noch in der Forschung diskutiert, ohne dass bisher eine Einigung erzielt worden wäre. Möglicherweise waren es Alexanders Neugier und Kriegslust, eine Art irrationales Streben und Sehnsucht nach Erfolgen (pothos). Auch Thesen wie die von dem Bestreben, seine Autorität durch immer neue militärische Siege zu festigen, werden angeführt.[42]

Anfang des Jahres 326 v. Chr. stieß Alexander mit zwei Heeren ins Tal des Flusses Kabul vor, das damals ein Teil Indiens war. Der Vorstoß war von besonderer Grausamkeit gekennzeichnet. Immer seltener ließ Alexander gegenüber eroberten Regionen Großmut walten. Städte und Dörfer wurden zerstört und ihre Bevölkerung ermordet. Die zwei Armeen trafen einander am Indus. Alexander machte das Land zwischen Kabul und Indus zur Provinz Gandhara und ernannte seinen Gefolgsmann Nikanor zu deren Statthalter.

Am anderen Ufer des Indus wurden Alexanders Truppen von Omphis empfangen, dem König von Taxila, das etwa 30 Kilometer vom heutigen Islamabad entfernt lag. Hier traf Alexander einen indischen Weisen (eines Brahmanen, von den Griechen wegen ihrer Nacktheit Gymnosophisten genannt) namens Kalanos, den er aufforderte, ihn auf seinen weiteren Feldzügen zu begleiten. Kalanos stimmte zu und wurde Alexanders Ratgeber; offensichtlich war er bei den kommenden Verhandlungen mit indischen Führern sehr von Nutzen.

Vom Hof des Omphis aus rief Alexander die anderen Staaten des Punjab auf, sich ihm zu unterwerfen und ihn als Gott anzuerkennen. Dies verweigerte Poros, der König von Pauravas, das von Taxila durch den Fluss Hydaspes (heute Jhelam) getrennt war. Im Mai überquerte Alexander während eines Platzregens den Hydaspes und besiegte eine berittene Einheit unter dem Sohn des Poros. Die Griechen und Perser zogen weiter ostwärts. Zahlenmäßig waren sie dem kleinen Heer des Poros, das sie erwartete, überlegen, doch kamen sie in dem üppig bewaldeten Land mit seinen ständigen Regenfällen schwer zurecht. Außerdem waren Berichte zu ihnen gedrungen, dass Poros eine Einheit von 85 bis 200 Kriegselefanten unterhielt. Diese kannten die Makedonen nur aus der Schlacht von Gaugamela, wo Dareios III. etwa 15 dieser Tiere eingesetzt hatte.[43] In der Schlacht am Hydaspes wurden die Inder besiegt. In dieser Schlacht soll Alexanders Pferd Bukephalos im Hydaspes zu Tode gekommen sein, obwohl andere Quellen sagen, es sei schon vor der Schlacht an Altersschwäche eingegangen. Seinem langjährigen Reittier zu Ehren gründete Alexander die Stadt Bukephala (heute wahrscheinlich Jhelam in Pakistan). Poros wurde begnadigt und zu Alexanders Statthalter in Pauravas ernannt.

Weiter im Osten am Ganges lag das Königreich Magadha, das selbst den Menschen des Punjab kaum bekannt war. Alexander wollte auch dieses Land erobern. Bei heftigem Monsunregen quälte sich die weitgehend demoralisierte Armee ostwärts und hatte einen Hochwasser führenden Fluss nach dem anderen zu überqueren. Ende Juli stand die Überquerung des Hyphasis (heute Beas) an, und von Magadha waren die Soldaten noch weit entfernt. Hier meuterten die Männer und weigerten sich weiterzugehen; ihr einziges Bestreben war die Heimkehr. Alexander war außer sich, wurde aber letztlich zur Umkehr gezwungen. Am Ufer des Hyphasis gründete er ein weiteres Alexandreia und siedelte hier viele Veteranen an, die damit wenig Hoffnung hegen durften, jemals wieder nach Griechenland zurückzukehren.

Rückkehr nach Persien (326–325 v. Chr.)

Der beschwerliche Rückweg zum Hydaspes dauerte bis zum September. In Bukephala war mit dem Bau von 800 Schiffen begonnen worden, die den Fluss abwärts zum Indischen Ozean segeln sollten. Dies waren jedoch nicht genug, um Alexanders gesamte Armee zu transportieren, so dass Fußsoldaten die Schiffe am Ufer begleiten mussten. Im November brachen sie von Bukephala auf, doch nach zehn Tagen trafen sie am Zusammenfluss des Hydaspes mit dem Acesines (heute Chanab) auf Stromschnellen, in denen mehrere Schiffe kenterten und viele Griechen ihr Leben verloren.

Der weitere Weg führte durch indische Staaten, die Alexander nicht unterworfen hatte. Immer wieder wurde das Heer angegriffen, und die Perser und Griechen zerstörten Städte und Dörfer, wo sie ihnen in den Weg kamen. Im Kampf gegen die Maller wurde Alexander bei der Erstürmung einer Stadt (vielleicht Multan[44]) durch einen Pfeil schwer verletzt. Das Geschoss drang in seine Lunge; obwohl Alexander überlebte, sollte er den Rest seines Lebens unter den Folgen dieser Verwundung leiden. Vom Krankenlager aus befahl er, dass am Zusammenfluss von Acesines und Indus ein weiteres Alexandreia (nahe dem heutigen Uch) gegründet und Roxanes Vater Oxyartes zum Statthalter der neuen Provinz ernannt werden solle.

Als Nächstes griff Alexander die Staaten von Sindh an, um seiner Armee den Weg nach Süden freizukämpfen. Die Könige Musicanos, Oxicanos und Sambos wurden unterworfen. Musicanos, der später eine Rebellion anzettelte, wurde letztlich gekreuzigt. Erst als der Monsun wieder einsetzte, erreichte das Heer 325 v. Chr. die Indusmündung und den Indischen Ozean. Alexander gründete hier die Stadt Xylinepolis (heute Bahmanabad) und machte die Flotte gefechtsbereit. Während etwa ein Viertel der Armee so auf dem Seeweg die Rückkehr antreten sollte, musste der Großteil über den Landweg nach Persien zurückkehren. Im August 325 v. Chr. machte sich das Landheer unter Alexanders Führung auf den Weg. Die Flotte unter dem Befehl des Nearchos brach einen Monat später überstürzt auf, da sich die Einheimischen zu erheben begonnen hatten. Praktisch unmittelbar nach dem Abzug des Heeres fielen die gerade eroberten Kleinstaaten Indiens ab und erhoben sich gegen die in den neuen Städten zurückgebliebenen Veteranen, über deren weiteres Schicksal in den wenigsten Fällen etwas bekannt ist.

Das heutige Belutschistan war damals als Gedrosien bekannt. Obwohl die Perser vor der Durchquerung der gedrosischen Wüste warnten, ging Alexander dieses Risiko ein, wahrscheinlich weil dieser Weg der kürzeste war. Die Hintergründe sind in der Forschung jedoch umstritten. Ob er wirklich die sagenhafte Königin Semiramis übertreffen wollte, ist wenigstens fraglich; wenn, dann ging es Alexander wohl darum, die Rückschläge des Indienfeldzugs durch dieses Unternehmen zu relativieren. Auch die Stärke seines Heeres zu diesem Zeitpunkt ist ungewiss, von wohl sicher übertriebenen 100.000 Mann bis zu wahrscheinlich realistischeren 30.000. Die sechzigtägigen Strapazen ließen zahllose Soldaten durch Erschöpfung, Hitzschlag oder Verdursten ums Leben kommen; dabei spielte auch der Umstand eine Rolle, dass Alexanders Führer offenbar recht unfähig waren. Im Dezember erreichten die Soldaten Pura (heute Bampur), einen der östlichsten Vorposten Persiens, und waren damit in Sicherheit.

Massenhochzeit von Susa, Revolte in Opis und Tod Hephaistions (324 v. Chr.)

Alexander gründete im Januar 324 v. Chr. ein weiteres Alexandreia; heute Golashkerd. Auf dem Weg westwärts stieß er in Susa auf Nearchos und seine Männer, die den Seeweg weitgehend unversehrt überstanden hatten. Neue Feiern wurden genutzt, um 10.000 persische Frauen mit Soldaten zu verheiraten – die Massenhochzeit von Susa.

Alexander sah die Ehen als Notwendigkeit an, um das Zusammenwachsen von Persern und Makedonen/Griechen weiter voranzutreiben. Er selbst heiratete zwei Frauen, nämlich Stateira, eine Tochter des Dareios, und Parysatis. Er war somit nun mit drei Frauen verheiratet. Die Hochzeiten wurden nach persischem Ritual begangen. Schon Alexanders Vater hatte die Ehe mit mehreren Frauen als diplomatisches Mittel zur Stabilisierung und Ausweitung seines Machtbereiches eingesetzt.

In der Forschung wurde dies als Versuch interpretiert, eine Art „Verschmelzungspolitik“ zu betreiben (Johann Gustav Droysen). Der britische Historiker Tarn sah darin gar den Versuch einer „Vereinigung der Menschheit“; viele andere moderne Historiker wie Badian oder Bosworth lehnen dies jedoch ab.[45]

Um weitere Attribute eines persischen Staates zu übernehmen, ernannte Alexander seinen langjährigen Freund Hephaistion (und nach dessen Tod Perdikkas) zum Chiliarchen (Wesir) und seinen General Ptolemaios zum Vorkoster. Beide Titel waren im Westen unbekannt. Außerdem wurden gegen mehrere Statthalter, die sich bereichert hatten oder ihren Aufgaben nicht sachgerecht nachgekommen waren, Prozesse eröffnet. Harpalos, ein Jugendfreund Alexanders und sein Schatzmeister, befürchtete aufgrund seines Verhaltens einen solchen Prozess. Er setzte sich mit 6000 Söldnern und 5000 Talenten Silber nach Griechenland ab, wurde jedoch bald darauf auf Kreta ermordet.

Die Neuerungen Alexanders vergrößerten die Kluft zwischen ihm und seiner makedonischen Generalität. Da die Zahl der Soldaten iranischer Herkunft im Heer die der Makedonen zu übertreffen begann, fürchteten sie, bald gänzlich bedeutungslos zu sein. Perser durften nun auch höhere Ränge in der Armee bekleiden, was die Makedonen als unerhört ansahen. Als die Armee die Stadt Opis am Tigris erreichte, erlaubte Alexander vielen Makedonen die Rückkehr nach Hause. Was sie vorher ersehnt hatten, sahen sie nun als Affront, da dies das erste Zeichen ihrer Ersetzung durch Orientalen zu sein schien. Quellen berichten, dass manche der Soldaten Alexander wüste Beleidigungen entgegen geschrien hätten. Alexander reagierte, indem er sie ihrer Stellungen enthob und drohte, die persischen Soldaten gegen sie zu schicken. Die Soldaten entschuldigten sich, und ihnen wurde verziehen. 11.500 griechische Soldaten wurden in den Folgetagen nach Hause geschickt.

Im Herbst des Jahres 324 v. Chr. ging Alexander nach Ekbatana, wo Hephaistion nach einem von vielen Trinkgelagen erkrankte und starb. Alexander, der wohl lange Jahre Hephaistions Geliebter gewesen war (zumindest bis zum Feldzug im Iran), war außer sich vor Trauer. Er ließ laut Plutarch den Arzt seines Freundes kreuzigen, die Haare von Pferden und Maultieren abrasieren und opfern, fastete mehrere Tage und richtete dann ein monumentales Begräbnis aus. Danach ließ er sämtliche Kossaier umbringen. Die Beziehung zwischen Alexander und Hephaistion wird oft mit der zwischen Achilles und Patroklos gleichgesetzt. Auch Alexander selbst nutzte diesen Vergleich, da sich das Geschlecht von Alexanders Mutter Olympias auf den Helden aus dem Trojanischen Krieg zurückführte.

Alexander hatte, so wie auch sein Vater Philipp und viele andere Makedonen bzw. Griechen seiner Zeit, Liebes- und sexuelle Beziehungen sowohl zu Frauen – er hatte mehrere, deren bekannteste und wohl ernsthafteste die zu Roxane war – als auch zu Männern. Gleichgeschlechtliche Beziehungen wurden zu jener Zeit nicht geächtet, es kam aber sehr wohl auf den sozialen Status der Partner an.[46]

Alexanders letztes Jahr und sein Tod in Babylon (323 v. Chr.)

Alexander ließ den persischen königlichen Schatz ausmünzen und warf damit das Vermögen der Achämeniden in das Austauschsystem des Nahen Ostens, womit ein steiler Anstieg im Volumen der Markttransaktionen im Mittelmeergebiet finanziert wurde. Dass der attische Münzfuß nunmehr – außer im ptolemäischen Ägypten – allgemein in der hellenistischen Welt galt, erleichterte den internationalen Handel und die Schifffahrt.[47]

Bei den Olympischen Spielen des Jahres 324 v. Chr. ließ Alexander das sogenannte Verbanntendekret verkünden, mit dem er den griechischen Poleis befahl, die jeweils aus politischen Gründen ins Exil getriebenen Bürger wieder aufzunehmen. Dies stellte einen massiven Eingriff in die Autonomie der Städte dar, führte zu heftigen Konflikten in den Gemeinwesen und war letztlich der Anlass dafür, dass sich Athen und mehrere andere Städte nach dem Tod des Königs im Lamischen Krieg gegen die makedonische Herrschaft erhoben.

Im Februar 323 v. Chr. kehrte Alexander nach Babylon zurück. Hier bereitete er neue Feldzüge vor, die zur Einnahme der Arabischen Halbinsel führen sollten. Ob er überdies, wie Diodor berichtet,[48] auch plante, anschließend den westlichen Mittelmeerraum mit Karthago zu erobern, ist seit langer Zeit umstritten, wird aber in der neueren Forschung zumeist angenommen, da den Makedonen im Jahre 322 v. Chr. während des Lamischen Krieges eine sehr große Flotte zur Verfügung stand, die mutmaßlich ursprünglich für das Unternehmen gegen Karthago gebaut worden war.[49] Im Mai, kurz vor dem geplanten Aufbruch des Heeres gen Arabien, verkündete Alexander, dass sein toter Freund Hephaistion fortan als Halbgott zu verehren sei, nachdem ein Bote aus der Oase Siwa eingetroffen war, wo Alexander wegen einer Vergöttlichung Hephaistions angefragt hatte. Aus diesem Anlass veranstaltete er Feiern, bei denen er sich wieder dem unmäßigen Trunk hingab. Am nächsten Tag erkrankte er an einem Fieber, und am 10. Juni starb er schließlich.[50]

Hinsichtlich der Todesursache wurden seither mehrere Thesen diskutiert, darunter eine, nach der Alexander am West-Nil-Fieber erkrankte. Auch eine Alkoholvergiftung wird immer wieder in Erwägung gezogen. Nach einer in der Antike verbreiteten Überlieferung ist er hingegen vergiftet worden (angeblich mit dem giftigen Wasser des Styx). Wahrscheinlicher ist, dass seine körperliche Schwächung durch zahlreiche Kampfverletzungen und übermäßigen Weinkonsum zu einer Krankheit geführt hat. Da die Ärzte damals auf die reinigende Wirkung von herbeigeführtem Erbrechen und Durchfall vertrauten, war es üblich, Weißen Germer in geringen Dosen zu verabreichen. Die überlieferten Symptome Alexanders sind typisch für eine Vergiftung durch Weißen Germer. Möglicherweise verschlechterten die Ärzte seinen Zustand daher durch wiederholte Gaben des Mittels.

Der Leichnam Alexanders soll zur Konservierung in Honig gelegt worden sein. Entgegen dem Wunsch des Verstorbenen, im Ammonium von Siwa begraben zu werden, wurde er in Alexandria beigesetzt.

Alexanders letzte Worte auf die Frage, wem er sein Reich hinterlassen werde, sollen gelautet haben: Dem Besten. Des Weiteren äußerte Alexander eine dunkle Prophezeiung: Er glaube, dass seine Freunde große Begräbnisspiele für ihn veranstalten werden.[51] Seinen Siegelring übergab er Perdikkas, der nach Hephaistions Tod sein engster Vertrauter gewesen war.[52]

Alexandergrab

Alexander hatte eine Beisetzung im Ammonheiligtum der Oase Siwa gewünscht. Erst nach zweijährigen Vorbereitungen setzte sich der Leichenzug in Babylon in Bewegung. Er wurde in Syrien von Ptolemaios, dem künftigen König Ptolemaios I., in Empfang genommen und nach Ägypten geleitet. Dort wurde der Leichnam aber nicht in die Oase gebracht, sondern zunächst in Memphis bestattet.[53] Später (wohl noch in der Regierungszeit Ptolemaios’ I., spätestens einige Jahre nach seinem Tod) wurde er nach Alexandria verlegt, nachdem dort eine prächtige Grabstätte für ihn errichtet worden war. Sie wurde unter König Ptolemaios IV. durch ein neues Mausoleum ersetzt, das dann auch als Grabstätte der Ptolemäer diente, die sich wie alle Diadochen auf Alexanders Vorbild beriefen. Hier wurde er in einem eines Königs würdigen Bezirk (Temenos) beigesetzt und durch Opfer geehrt. Zenobius berichtet im zweiten nachchristlichen Jahrhundert, dass Ptolemaios IV. ein Grabmonument errichtete, in dem Alexander, aber auch die anderen ptolemäischen Könige und Königinnen bestattet wurden. Die Leiche Alexanders soll sich in einem goldenen Sarkophag in einem Gewölbe befunden haben und die Grabstätte wurde Sema genannt,[54] während der Teil, in dem die Ptolemäer bestattet waren, als Ptolemaeum bezeichnet wurde.[55] Der Sarkophag mit der mumifizierten Leiche Alexanders wurde im 1. Jahrhundert v. Chr. von König Ptolemaios X. durch einen gläsernen ersetzt, der den Blick auf den einbalsamierten Leichnam freigab. Dieser Schritt Ptolemaios' X., der später irrtümlich als Grabschändung gedeutet wurde, sollte den Alexanderkult fördern.[56]

Für Caesar, Augustus, Septimius Severus und Caracalla sind Besuche am Grab bezeugt. Möglicherweise wurde es während der Stadtunruhen in der Spätantike oder bei einer Naturkatastrophe zerstört. In den Wirren der Spätantike ging die Kenntnis über den Ort der Grabstätte verloren (zumindest die Leiche soll laut Libanios noch Ende des 4. Jahrhunderts zu sehen gewesen sein). Der Kirchenvater Johannes Chrysostomos († 407) stellte in einer Predigt die rhetorische Frage nach dem Ort des Alexandergrabs, um die Vergänglichkeit des Irdischen zu illustrieren; er konnte also mit Sicherheit davon ausgehen, dass keiner seiner Hörer wusste, wo sich das berühmte Bauwerk befunden hatte.[57] Die Erinnerung daran blieb aber noch in islamischer Zeit erhalten; im 10. Jahrhundert wurde eine angebliche Grabstätte gezeigt. Im 15. und 16. Jahrhundert berichteten europäische Reisende von einem kleinen Gebäude in Alexandria, das als Alexandergrab ausgegeben wurde. Seit dem 18. Jahrhundert sind viele Lokalisierungsversuche unternommen worden, die bisher alle fehlgeschlagen sind.[58]


Text: Wikipedia

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