Salamander
Der Name Salamander und das Logo mit dem Feuersalamander ist eine Marke, die sich der Buchauer Lederhändler Rudolf Moos, ein Verwandter Albert Einsteins, am 5. Dezember 1899 beim kaiserlichen Patentamt als Warenzeichen hat eintragen lassen. Inspiriert durch die Abbildung einer Brosche in einer englischen Zeitung wurde die Eidechse das Markenzeichen des Unternehmers; zunächst für die von ihm gefertigte Schuhcreme. Für die geplanten internationalen Geschäfte wurde aus der Eidechse ein Salamander. Am 8. Mai 1904 ließ er das veränderte Logo als eingetragenes Warenzeichen schützen.
Salamander Reklamemarken
Verzeichnis der Reklamemarken welche die Firma Salamander ausgegeben hatte. Die Marken wurden von Künstlern wie Max Körner, W. Bühler und Joe Loe (Joe, Loewenstein) entworfen.
Geschichte
Gründung der Salamander-Schuhverkaufsgesellschaft mbH
Anfang des 20. Jahrhunderts schrieb Moos, inzwischen Schuhhändler in Berlin, einen Wettbewerb aus. Er suchte einen Hersteller, der für 12,50 statt der üblichen 20,00 Mark Herrenschuhe produzieren konnte. Die Kornwestheimer Firma J. Sigle und Cie.[3],[4] ursprünglich 1891[5] vom Schuhmachermeister Jakob Sigle und dem Stuttgarter Lederreisenden Max Levi gegründet und 1898 durch die weiteren Geldgeber Ernst Sigle und Isidor Rothschild[5][6] erweitert, erhielt den Zuschlag, und Moos präsentierte seine Herrenschuhe Marke Salamander.[5]
Die Salamander-Schuhverkaufsgesellschaft mbH wurde 1905 durch Rudolf Moos und der Firma J. Sigle und Cie gegründet. Beide Vertragspartner hielten einen Anteil von 50 %. Nun war es Moos möglich, die Anzahl der Verkaufsgeschäfte zu erhöhen. Anfangs waren es fünf Filialen in deutschen Großstädten. Schon 1908 konnte Moos seinen Traum von internationalen Geschäften verwirklichen: Die ersten Filialen wurden im Ausland eröffnet. Im selben Jahr wurden auch Lizenzen für Schuhhändler in kleineren Städten unter 80.000 Einwohnern vergeben. Diesen Händlern wurden Alleinverkaufsrechte eingeräumt.
Trennung der Firmengründer
1909 tauchte das Markentier Salamander zum ersten Mal in der Werbung auf.[7][8][9] Die ersten 26 Verkaufs-Filialen wurden als Einzelhandelsgeschäfte eröffnet.[10] 2.880 Mitarbeiter stellten über zwei Millionen Paar Schuhe her. Im gleichen Jahr kam es zu Unstimmigkeiten. Rudolf Moos verkaufte seine Anteile und die Markenrechte an die Firma J. Sigle und Cie.
Neben den eigenen Geschäften bestand 1913 ein Netz von 832 Lizenzverkäufern im Inland und 26 im Ausland. 3.500 Mitarbeiter stellten auf einer Fläche von 30.000 m² an 2.000 Maschinen jährlich 2,1 Millionen Paar Schuhe her.
Gründung der Aktiengesellschaft
1916 erfolgte die Umwandlung der OHK in eine AG[5] und das Filialnetz wurde auf 50 Filialen erweitert. In der Zwischenkriegszeit entstanden am Hauptsitz in Kornwestheim umfangreiche Produktionsanlagen, dem heutigen Salamander-Areal. 1930 schlossen sich Jakob Sigle und Cie AG, Salamander Schuhvertriebsgesellschaft mbH und A. Lehne GmbH zur Salamander AG zusammen, die 32 Millionen Reichsmark Aktienkapital besaß.[10] Salamander schaffte es als Großkonzern, ein Vollsortiment an Schuhen zu produzieren. Als nach der Weltwirtschaftskrise die Damen nach mehr modischen, billigeren Schuhen verlangten, folgte das Unternehmen auch dieser Änderung des Marktes.
Emigration und Tod der Firmengründer
Max Levi verstarb 1925, Jakob Sigle 1935 im Alter von 73 Jahren. Rudolf Moos lebte zunächst in Potsdam. Als Verfolgter des NS-Regimes emigrierte er nach England. Er überlebte Levi und Sigle und starb am 9. Oktober 1951 in Birmingham.
Weltwirtschaftskrise und Salamander im Dritten Reich
Im Gegensatz zu anderen Schuhherstellern konnte Salamander während der Weltwirtschaftskrise von 1927 bis 1933 sogar die Anzahl der Beschäftigten um 1.100 erhöhen. 1934 wurde die Zahl jedoch um knapp 500 fast halbiert. Dies war allerdings nicht durch einen Produktionsrückgang begründet, sondern diente dazu, den Konzern nach Rationalisierungsmaßnahmen durch steigende Produktivität wettbewerbsfähig zu halten. Gleichzeitig verschob sich der Frauenanteil an der Belegschaft und erreichte 1932 die 50-Prozent-Marke; auch der Anteil von Facharbeitern ging zugunsten von ungelernten, billigen Arbeitern stark zurück.[11] Ab 1933 verkauften die Familien Levi und Rothschild ihre Aktien an die Familie Sigle.
Salamander gehörte während der Zeit des Nationalsozialismus zu den deutschen Schuhunternehmen, die ihre Schuhe von KZ-Häftlingen im Konzentrationslager Sachsenhausen testen ließen. Dabei mussten die Häftlinge im sogenannten Schuhläufer-Kommando eine mit unterschiedlichen Belägen ausgestattete 700 Meter lange Teststrecke mehrmals bis zu 40 Kilometer zurücklegen.[12]
Vera Friedländer: „Mag sich in unserer Zeit, Jahrzehnte danach, Salamander-Schuhe kaufen, wer will. Ich jedenfalls, das ist sicher, werde keine Schuhe mit diesem Namen tragen. Ich muss, wenn ich diesen Namen höre, an die Schuhe ohne Besitzer denken. Es stimmt nicht, dass die Zeit alle Wunden heilt.“[13] Vera Friedländer arbeitete als Zwangsarbeiterin im Reparaturbetrieb der Salamander AG „zusammen mit 50 bis 60 Leuten“, polnischen Schuhmachern, Franzosen, Serbinnen und jüdischen Frauen – bis am 18. März 1945 eine Bombe das Gebäude teilweise zerstörte. Das Berliner Adressbuch aus dem Jahr 1937 weist die Salamander AG als Betreiberin eines Reparaturbetriebes in der Köpenicker Straße 6a nach. In Vera Friedländers Arbeitsbuch ist die Adresse auf dem Salamander-Stempel deutlich zu erkennen.
Zur Beschäftigung der Kinder der erwachsenen Kundschaft während des Einkaufs wurde die Comicfigur Lurchi entwickelt. 1937 erschienen erstmals die bunten Heftchen, in denen Lurchi gemeinsam mit fünf tierischen Freunden weltweit Abenteuer zu bestehen hatte. Diese konnten gemeistert werden, weil Lurchi und seine Freunde die Salamander-Schuhe, die sie trugen, erfolgreich einsetzten.
1939, mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, wurde die Heft-Reihe eingestellt. Während des Krieges verlor Salamander 26 Prozent der Werksanlagen und 50 Prozent der Verkaufsstellen.[14]
Nachkriegszeit
Ab 1949 produzierte der Konzern auch Kinderschuhe und bald stellten 9.900 Mitarbeiter 7,9 Millionen Paar Schuhe her.[14] Es wurden neben dem Stammwerk in Kornwestheim weitere Fabriken in Türkheim, Pirmasens und Umgebung (Vinningen, Trulben) gegründet. 1952 wurde die Lurchi-Heft-Reihe neu aufgelegt, nachdem die Konjunktur wieder in Schwung geraten war.[15]
Nach der Wertpapierbereinigung und abgeschlossenen Verhandlungen über die Rückerstattung des jüdischen Vermögensanteils 1957 wurden die Aktien der Salamander AG wieder an der Börse notiert. In den 1960er Jahren expandierte Salamander weltweit, so 1960 nach Frankreich und 1969 nach Österreich. 1967 wurden 17.800 Mitarbeiter beschäftigt, die 13,5 Millionen Paar Schuhe produzierten. Das Unternehmen mit eigenem Filialnetz entwickelte sich zu Europas größtem Schuhhersteller.[16] Ab 1971 sank jedoch der Absatz an Schuhen sehr stark, da ausländische Billighersteller auf den europäischen Markt drängten. 1981 betrug die Mitarbeiterzahl nur noch 7.566, die Schuhjahresproduktion lediglich acht Millionen Paar Schuhe.[14]
Entwicklung zum Mischkonzern
In den 1980er Jahren expandierte das Unternehmen in den Sparten Handel und Dienstleistungen. Das Geschäft entwickelte sich zunächst wieder positiv, der Umsatz überstieg 1983 die Milliardengrenze.[17] Die Ladenkette erhielt ein neues, einheitliches Design und die Expansion drang nach Osteuropa (Polen, Ungarn, die Tschechoslowakei und die Sowjetunion) sowie in die Vereinigten Arabischen Emirate über Beteiligungen und Tochterunternehmen vor. Nach und nach wurde aus der Schuhhandelskette mit eigener Produktion ein Mischkonzern mit den weiteren Geschäftsfeldern Immobilien, Industrieprodukte und Dienstleistungen (etwa dem Gebäudereiniger Gegenbauer-Bosse oder dem Parkraumbewirtschafter APCOA).[17]
Niedergang
Die Präsenz in Osteuropa, vor allem in der Sowjetunion, brachten dem Unternehmen zwischen 1991 und 1996 Verluste in Höhe von etwa 100 Millionen D-Mark ein, woraufhin Werke in Deutschland und Tschechien geschlossen werden mussten.[18] Die Schuhproduktion wurde von 9,1 Millionen Paar Schuhe (1994) auf 7,1 Millionen Paar 1995 heruntergefahren.
Übernahme und Insolvenz
Ab 1997 fand mehrfach ein Wechsel unter den Großaktionären statt. Im Jahr 2000 erhöhte die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) ihren Anteil auf knapp 84 % und erwarb in den beiden folgenden Jahren alle anderen Anteile. Die Schuhfirma umfasste zu dieser Zeit 230 Filialen in neun europäischen Ländern. 2002 erwirtschaftete der Salamander-Konzern mit etwa 20.000 Mitarbeitern bei einem Umsatz von 1,29 Milliarden Euro einen Gewinn von 52,5 Millionen Euro; der Schuhbereich schrieb jedoch mit 18,8 Millionen Euro Verlust rote Zahlen.[19] 2003 wurde das Schuhgeschäft von Salamander an den Garant Schuh + Mode AG-Verbund weiterverkauft.[20][21] Ein gleichzeitig begonnenes Sanierungskonzept führte zum Verlust von 1.330 der insgesamt 4.760 Arbeitsplätze im Schuhsegment und der Schließung aller verbliebenen Werke in Deutschland und eines Werkes in Ungarn.
2004 erfolgte der Verkauf des Geschäftsfelds Industrieprodukte. Der Geschäftsbereich Immobilien gehört bis heute zu EnBW und wurde 2005 umfirmiert in EnBW Beteiligungen AG.
Am 8. September 2004 meldete Salamander Insolvenz an, nachdem einen Tag zuvor die Muttergesellschaft Garant Schuh + Mode AG denselben Schritt getan hatte. Deren Finanzprobleme rührten von der Übernahme der defizitären Salamander von EnBW[22] her.
Zum 1. April 2005 erfolgte die Übernahme der Salamander-Gruppe durch EganaGoldpfeil. Salamander betrieb wieder rund 260 Geschäfte in Deutschland, Frankreich, Österreich, Polen, Ungarn, Tschechien und Russland und verkaufte neben Schuhen auch Hemden, Krawatten, Taschen und Lederaccessoires. Das Unternehmen Salamander beschäftigte 2007 rund 1.800 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von etwa 190 Millionen Euro.[23]
Zum 1. Juli 2008 wurde der Sitz von Kornwestheim nach Offenbach am Main zum Stammsitz des Mutterkonzerns EganaGoldpfeil verlegt. Zurück blieb in Kornwestheim lediglich das Verkaufsgeschäft.
Heutige Situation
Im Februar 2009 wurde nach der Insolvenz des Handtaschenherstellers EganaGoldpfeil das Unternehmen mit weltweit rund 1.800 Beschäftigten und rund 190 Millionen Euro Jahresumsatz einschließlich ausländischer Töchter und Markenrechte vom Schuhhersteller ara Shoes AG aus Langenfeld übernommen.
Die deutschen Salamander-Filialen werden seit 2009 als eigenständige Schuhhaus-Kette als Teil der Schuhhaus Klauser GmbH & Co. KG aus Wuppertal, welche hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Sachsen rund 60 Schuhgeschäfte betreibt, geführt.[24][25][23]
Am 23. September 2010 wurde bekannt, dass ein Joint Venture der Schuhfabrikanten Ara und Wortmann (Tamaris) eine neue Lurchi-Kollektion für Kinder auf den Markt bringen soll.[26]
Besonderheiten und Sortiment
Das Besondere an der 'Schuhfirma' Salamander war, dass sie nicht nur Schuhe herstellte, sondern sie auch durch ein eigenes Filialnetz vertrieb. Der Großkonzern der 1960er Jahre bis 2000 spaltete seine Produktpalette in mehrere, unterschiedliche Marken (Salamander, Lurchi, Betty Barclay, Sioux, Apollo, Yellomiles, Camel Active Footwear) auf, die in verschiedenen Preissegmenten für unterschiedliche Zielgruppen produzierten und zum Teil in Lizenz geführt wurden. Die Eigenmarke Yellomiles wurde 2003 eingestellt, die Lizenz für Camel-Schuhe ging 2000 an Gabor Shoes, die Firma Sioux mit ihrer Herren-Marke Apollo wurde bereits 2003 von EganaGoldpfeil gekauft und ist heute im Besitz einer Frankfurter Beteiligungsgesellschaft, und die Lizenz für Betty Barclay Schuhe hielt nach Salamander ab 2004 die holländische Intermedium B.V.. Generell besetzt Salamander das mittlere Preissegment, mit eher modischen als klassischen Produkten. Mitte 2007 nahm Salamander auch rahmengenähte Schuhe unter eigenem Namen in das Programm auf.
Text: Wikipedia
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