Bad Reichenhall

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Bad Reichenhall ist eine Große Kreisstadt und die Kreisstadt des Landkreises Berchtesgadener Land im Regierungsbezirk Oberbayern. Die Stadt blickt heute auf eine viertausendjährige Siedlungsgeschichte zurück, die meist auch eng mit der Gewinnung von Salz aus Sole verknüpft ist. Das Bad Reichenhaller Alpensalz hat einen Marktanteil von über 50 % und genießt eine Sonderstellung unter den Speisesalzen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Stadt weit über die Grenzen Deutschlands hinaus als Kur- und Urlaubsort bekannt, seit 1890 trägt sie das Bad im Namen und 1899 wurde der Stadt das Prädikat eines Königlich Bayerischen Staatsbads verliehen.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Bad Reichenhall.

Amtliches Bayer. Reisebüro

Handwerker- und Gewerbebund

Kaufhaus Herzfeld

Reichenhaller Grenzbote

Sonstige

Stadtführer

Historische Informationen von Bad Reichenhall

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(c) Karte: CC-BY-SA OpenStreetMap.org contributors

Geschichte

Frühgeschichte, römische Kaiserzeit und erste Salzverarbeitung

Funde im Reichenhaller Raum deuten darauf hin, dass bereits während der Glockenbecherkultur (2600 bis 2300 v. Chr.) eine feste Siedlung und weitverzweigte Handelswege vorhanden waren. Richtig belegt wurde dies jedoch erst durch Funde zahlreicher Grabstätten aus der Urnenfelderzeit (1600–750 v. Chr.) im Bereich des heutigen Ortsteils Karlstein. Dort war in der La-Tène-Zeit (450–15 v. Chr.) auch ein keltisches Kultzentrum am Langackertal und eine Münzprägestätte am „Haiderburgstein“.

Inwieweit die Salzproduktion in vorrömische Zeit reicht, ist bisher unklar. Bis zum Erscheinen der Römer 15 v. Chr. wird es sich vermutlich um eine Salzproduktion mit lokaler Bedeutung gehandelt haben.

Aus der römischen Kaiserzeit (15 v. Chr.–480 n. Chr.) stammen Funde einer anspruchsvollen Villenkultur in Marzoll und Fager (Ortsteil Karlstein), die Siedlung gehörte zur römischen Provinz Noricum. Die Römer forcierten die Salzproduktion und machten ad salinas zur leistungsfähigsten Saline im gesamten Alpenraum. Die hier auf natürliche Weise dem Erdboden entspringenden Solequellen wurden gefasst und die Sole in tönernen Öfen versotten.

Eine bajuwarische Besiedelung der Merowingerzeit (480 bis 700), ist durch zahlreiche Grabstätten im Ortsteil Kirchberg belegt. Spuren einer zugehörigen Siedlung aus dieser Zeit wurden bisher nicht gefunden, in Frage kommen der Altstadtbereich oder der Kirchberg, aber auch andere Bereiche in der Umgebung.

Hallgrafschaft

Ab etwa 700 hatte der Ort den Namen Hal, von germanisch *hel-/*hal- „Abhang, Neigung, Schräge“, von dem sich auch das Wort Saline herleitet.[11]

Auf Grund einer Schenkung des Bayernherzogs Theodo an den ersten Bischof von Salzburg und später heiliggesprochenen Rupert besaß das Bistum Salzburg ein Drittel der Saline. Damit war Reichenhall für etwa 500 Jahre der wichtigste Wirtschaftsstandort für die Salzburger Kirche. (Der Legende nach hätte der Heilige Rupert im Jahre 696 die während der Völkerwanderungszeit vergessenen Solequellen wiederentdeckt und damit die Saline zu einer neuerlichen wirtschaftlichen Blüte gebracht.) Durch den Handel mit Salz aus Reichenhall entstand noch vor der ersten Jahrtausendwende der Handelsweg „Goldener Steig“, der sich zum bedeutendsten in Süddeutschland und Böhmen entwickelte.

Um 1070 bildete sich unter dem Grafen Arnold von Dießen eine eigene Hallgrafschaft heraus, die den Salzhandel organisierte und überwachte. Sie blieb in der Familie, bis der Hallgraf Engelbert von Attel und Reichenhall 1161 starb und dessen Sohn Gebhard II. 1169 in das Kloster Reichersberg eintrat. Daraufhin übernahm Herzog Heinrich der Löwe selbst die Hallgrafschaft und damit die Kontrolle über einen Großteil der süddeutschen Salzgewinnung.[12]

1144 ist in einer Urkunde von St. Zeno erstmals ein „castrum Halla“ belegbar, 1159 die Bezeichnung als civitas, ab 1285 als stat.[13] Die Bezeichnung als civitas nahm die Stadt Bad Reichenhall 2009 zum Anlass, das 850-jährige Stadtjubiläum zu feiern.[14]

Entwicklung von Territorialstaaten und Salinenkonkurrenz

Die Epoche war geprägt von der Entwicklung von Territorialstaaten und von Konkurrenz für die Reichenhaller Saline. Auf der einen Seite betrieb Salzburg die Verselbständigung vom Herzogtum Baiern, auf der anderen Seite entwickelte sich auch das Herzogtum zu einem Territorialstaat. Der Herzog übernahm zahlreiche der durch aussterbende Geschlechter frei gewordenen Grafschaften unmittelbar.[15] In diesen Spannungsfeld begann sich zudem südlich von Reichenhall mit der späteren Fürstpropstei Berchtesgaden ein weiteres eigenständiges geistliches Fürstentum zu etablieren.

Im Mittelalter waren neben dem Erzbischof von Salzburg Bürger aus Reichenhall sowie das Kloster Sankt Zeno in Besitz der Solequellen und der ehernen Sudpfannen, die die alten Tonöfen abgelöst hatten.

1156 bestätigte Kaiser Friedrich Barbarossa in der Goldenen Bulle dem Klosterstift Berchtesgaden verschiedene Rechte, insbesondere die Forsthoheit. Das Stift betrieb auch eine zunehmende Salzproduktion und stieg in den Vertrieb seines Salzes über das eigene Gebiet hinaus ein.[16] 1185 kaufte der Salzburger Erzbischof Adalbert III. von Böhmen die Salzlagerstätten am Dürrnberg und nahm dort die Salzproduktion wieder auf. Die Monopolstellung der Reichenhaller Saline war damit gebrochen.

1193 drangen über den Pass Hallthurm Bewaffnete aus Reichenhall (das heutige Bad Reichenhall) ins Gebiet des Berchtesgadener Klosterstifts ein, vermauerten die Bergstollen am Gollenbach und zerstörten die Salzpfannen. Darüber hinaus verweigerte Reichenhall dem Stift den Zins für seine Brunnenanteile an den Reichenhaller Salzquellen. Parallel dazu gab es auch Auseinandersetzungen zwischen dem Salzburger Erzbischof und dem Berchtesgadener Stift.[17][18][19]

Drei Jahre später führte 1196 eine Strafexpedition des Salzburger Erzbischofs gegen Reichenhall wegen nicht entrichteter Zehenten zur nahezu völligen Vernichtung, von der lediglich das Kloster St. Zeno verschont blieb.[20] Die Stadt wurde später auf kleinerer Fläche neu errichtet und erhielt als Schutz ihre (heute noch teilweise erhaltene) Stadtmauer sowie zur Überwachung der Stadt durch Salzburg die heute nicht mehr vorhandene Hallburg am Streitbichl. Da die Saline in Reichenhall nun völlig zerstört war, hatte die Salzburger Saline in Hallein, die das Dürrnberger Salz verarbeitete, nun die besten Voraussetzungen, die Marktführerschaft im Salzhandel zu übernehmen. Dies stärkte die Reichenhaller allerdings in ihrem Bestreben nach Unabhängigkeit von der Salzburger Hoheit.[21]

Nachdem die Linie der Grafen von Peilstein mit Friedrich VI. (IX.) 1218 erloschen war, geriet das Herzogtum Bayern (vermutlich unter Ludwig I.), das seine Herrschaft über Reichenhall mehr und mehr zu festigen suchte, mit Salzburg über die zurückgefallenen Güter in Streit.[22][23][24] Nach Vermittlung des Regensburger Bischofs Konrad IV. und des Pfalzgrafen Rapoto II. von Ortenburg wurden die Rechte in und um Reichenhall geteilt, wobei dem Herzog im Anschluss das Landgericht bis an den „Steinbach hinter Melleck“ zugesprochen wurde.[25] Durch eine spätere Übereinkunft (11. Juli 1228) ging jedoch auch noch die plainische Grafschaft Mittersill (Oberpinzgau) nebst Unterpinzgau an Salzburg über.[25]

Namensgebung und herzoglich bayerische Investitionen

1323 wurde die Stadt erstmals unter dem Namen Reichenhalle erwähnt.[26]

Ab 1493 begann Herzog Georg der Reiche, die meisten Reichenhaller Sudhäuser aufzukaufen. Nach seinem Tod führte sein Nachfolger Albrecht IV. die Verstaatlichung und damit die Monopolisierung der Salzerzeugung in Reichenhall fort. Er beauftragte auch Erasmus Grasser, einen neuen Salzbrunnen anzulegen sowie ein neues Brunnhaus aus Stein samt Kapelle zu erbauen. Die Arbeiten waren 1512 abgeschlossen.

Nachdem 1515 die Bademagd Christine die Wohnung ihrer Nachbarin aus Rache angezündet hatte, starben bei dem daraus folgenden Stadtbrand etwa 200 Menschen.

Das unerwünschte Süßwasser im Solebrunnen unter der Saline wurde durch den ab 1520 künstlich angelegten Grabenbach abgeleitet. Über vier Kilometer lang fließt noch heute das Wasser teils unter- und teils oberirdisch bis zum Ortsteil Marzoll, wo der Grabenbach in die Saalach mündet.

Nach einer umfangreichen Waldbeschau und langwierigen Verhandlungen wurde 1529 der Mühldorfer Vertrag geschlossen. Wesentlicher Bestandteil des Vertrages war das Waldbuch, in dem die Grenzen der Salinenwälder festgelegt wurden und das alle Bestimmungen und Richtlinien enthielt, um ein geregeltes und nachhaltiges Schlagen von Holz und damit die Versorgung der Saline mit Brennholz zu sichern.[27]

Herzoglich bayerisches Staatsmonopol

1619 hatte lediglich noch das Kloster St. Zeno einen eigenen Salinenbetrieb. Das Salzwesen war weitgehend zu einem herzoglich bayerischen Staatsmonopol und damit erneut Bayerns wichtigster Wirtschaftszweig geworden, der dem Herzogtum enorme Steuereinnahmen sicherte.

1613 wurde bei Ausbesserungen am Brunnenschacht in der Saline eine weitere ergiebige Solequelle entdeckt. Da die Saline – insbesondere wegen der Versorgung mit Brennholz – bereits an ihrer Kapazitätsgrenze arbeitete, beschloss man die überschüssige Sole über ein Rohrleitungssystem zu einer Filialsaline zu leiten. Die Wahl fiel auf Traunstein, da die Wälder am Oberlauf der Traun holzreich und im Besitz Bayerns waren. Die Soleleitung wurde zwischen 1617 und 1619 errichtet.

Als Maßnahme zur Einsparung von Energie wurden ab 1745 Gradierwerke errichtet, die schließlich eine Länge von 720 Metern erreichten und damit landschaftsprägend für das Reichenhaller Tal waren.

Wegen zunehmender Beschwerden über schwere Qualitätsmängel des Salzes entschied man sich für umfassende Modernisierungsmaßnahmen der Reichenhaller Saline unter der Leitung von Johann Sebastian von Clais. Zwischen 1782 und 1784 ließ er u. a. ein neues Sudhaus mit neuen Sudpfannen einrichten, welche die Abwärme besser nutzten. Dank der daraus resultierenden Produktivitätssteigerung inkl. der erheblichen Einsparung von Brennholz amortisierten sich die immensen Baukosten von 100.000 Gulden schon nach kurzer Zeit.[28]

1801 wurde die erste Apotheke in Reichenhall eröffnet. Diese existiert bis heute und trägt seit dem späten 19. Jahrhundert den Namen Kur-Apotheke.

Von 1808 bis 1810 wurde die Soleleitung nach Traunstein von Georg von Reichenbach bis nach Rosenheim verlängert. Dort konnte man auf die Wälder des 1803 säkularisierten Klosters Tegernsee zurückgreifen. Die Salzproduktion sollte damit auf mehrere Standorte verteilt und um 75 % erhöht werden.

Während des Tiroler Volksaufstandes wurde die Stadt, in der Bevölkerung, Vieh und Nahrung aus den umliegenden Dörfern und Einödhöfen in Sicherheit gebracht wurden, im September und Oktober 1809 von den Tirolern unter Josef Speckbacher belagert. Die Stadtmauer bewies ein letztes Mal ihren militärischen Wert und bewahrte die Stadt vor Eroberung und Plünderung. Am 17. Oktober 1809 gingen die Verteidiger zum Gegenangriff über. Alle verfügbaren Förster, Jäger, Holzknechte und Gebirgsschützen unter dem Kommando des Revierförster Ferstl, dem Jaga-Steffi und dem Kugelbachbauern Paurögger umgingen die gegnerischen Stellungen und griffen diese, unterstützt durch die Truppen der Stadt an. Die Tiroler wurden an diesem Tag vernichtend geschlagen.

Nachdem Berchtesgaden 1810 dem Königreich Bayern angegliedert wurde, beauftragte man Georg von Reichenbach 1817 eine 29 km lange Soleleitung vom Salzbergwerk Berchtesgaden nach Reichenhall zu bauen. Noch heute kommt ein Teil des in Bad Reichenhall erzeugten Salzes von dort.

Großer Stadtbrand von 1834

Der Stadtbrand von 1834 brach am 8. November 1834 gegen 22:30 Uhr aus, als brennender Ruß, der aus dem Kamin des Karl-Theodor-Sudhauses entwichen war, das hölzerne Dach des Sudhauses in Brand steckte. Dieser breitete sich – begünstigt durch starken Wind aus Südwest – auf einen großen Teil der Stadt aus und ging als letzter großer Stadtbrand in die Geschichte ein. Erst im Laufe des folgenden Tages konnte das Feuer gelöscht werden.

278 der 302 Häuser der Stadt waren, ebenso wie die Anlagen der Saline einschließlich Brunnhaus, Brunnhauskapelle, Sudhäuser und der Salinenverwaltung, völlig zerstört. Auch Teile der mittelalterlichen Stadtbefestigung wurden in Mitleidenschaft gezogen, und das 800 Schritt von der Stadt entfernte Schloß Achselmannstein wurde ein Raub der Flammen. Die Gradierwerke, die sich außerhalb der Stadtmauern befanden, wurden von den Flammen verschont, ebenso die wichtigen Handwerksbetriebe der Saline wie die Kufersäge und die Hammerschmiede. Über die Zahl der Todesopfer gibt es unterschiedliche Quellen, in dieser Nacht fanden in der Stadt etwa ein Dutzend Menschen den Tod.

Nach dem Willen König Ludwig I. sollte der Neubau der Saline nicht nur ein funktionaler, sondern auch ein repräsentativer Bau sein. In seiner Gunst standen die Architekten Friedrich von Gärtner und Joseph Daniel Ohlmüller, die maßgeblich am Wiederaufbau der Salinengebäude beteiligt waren. König Ludwig I. stellte zudem 10.000 Gulden als zusätzliche Finanzhilfe zur Verfügung, um an die Saline angrenzende Bürgerhäuser zu erwerben. Einerseits sollten damit großzügige Freiflächen geschaffen werden, um das Übergreifen eines Feuers auf den Rest der Stadt zu verhindern oder wenigstens zu erschweren und andererseits auch die repräsentative Größe der Anlagen zu ermöglichen. Insgesamt wurden 51 Brandstätten erworben. Gärtner und Ohlmüller waren Friedrich von Schenk unterstellt, der zur damaligen Zeit Direktor der Salinenadministration war. Gärtner war alleine für Planung und Bau des Beamtenstocks zuständig, der Sitz der Salinenverwaltung wurde. Spatenstich war am 30. April 1836, das Gebäude war nach dreijähriger Bauzeit 1839 als erster Bau der neuen Anlage fertiggestellt.

Friedrich von Schenk und Daniel Ohlmüller planten den Neubau der Saline. Es ist nicht überliefert, wer für welchen Teil der Anlage zuständig war. Sichergestellt ist, dass von Schenk die technischen Anlagen im Hauptbrunnhaus – insbesondere die mächtigen oberschlächtigen Wasserräder und die Pumpen – konstruierte und Ohlmüller sich überwiegend für die Planung der neuen Brunnhauskapelle verantwortlich zeigte. 1838 erfolgte die Grundsteinlegung des Hauptbrunnhauses, ab 1840 waren die Pumpen in Betrieb. Das erste Sudhaus nahm 1844 den Betrieb auf, das letzte war 1851 fertiggestellt.

Die inzwischen Alte Saline genannte Saline war bis 1929 in Betrieb und ist heute noch als Industriedenkmal zu besichtigen. Auf dem Florianiplatz haben die Anwohner, als Dank dafür dass ihre Häuser erneut vom Feuer verschont wurden, 1885 den Florianibrunnen erbaut.

Entwicklung zum Weltkurort

Im benachbarten Kirchberg, das inzwischen ein Teil von Bad Reichenhall ist, wurde die Kirchbergquelle 1713 als Heilquelle erstmals belegt. 1846 eröffnete Ernst Rinck mit der Sole- und Molkenkuranstalt Achselmannstein den ersten Kurbetrieb in Reichenhall. Zwei Jahre zuvor übernahm Mathias Mack die heutige Kur-Apotheke. Ebenfalls 1844 wurde Mack zum Bürgermeister gewählt. In seiner Eigenschaft als Apotheker, Bürgermeister und Geschäftsmann begründete Mack gemeinsam mit dem Hotelier Rinck den Kurbetrieb in Reichenhall. Es dürfte Macks Verdienst gewesen sein, dass König Maximilian II. im Sommer 1848 einen Kuraufenthalt in Reichenhall machte. Mack hatte den König Anfang des Jahres bei einem Besuch in die Stadt eingeladen. Dem König folgte bald der Adel Deutschlands, Österreich-Ungarns und vor allem Russlands. 1856 gelang Mack erstmals die Gewinnung von Latschenkiefernöl, das in der Folge ein wichtiges Kurmittel wurde. Bis zur Jahrhundertwende entstanden unzählige Villen, Hotels und Kurbetriebe, insbesondere im Kurviertel. 1854 wurde die erste Ausstellung des Heimatmuseums präsentiert, für die Mack seine Sammlung von Versteinerungen und Mineralien spendete. Ab 1868 wurde schrittweise der Kurgarten durch Carl von Effner gestaltet und das Kurorchester gegründet. 1866 wurde die Eisenbahnlinie von Freilassing nach Reichenhall eröffnet. Dies erleichterte die Anreise der Kurgäste und den Vertrieb des Reichenhaller Salzes. Zwischen 1878 und 1880 wurde in der Nähe der Triftanlagen ein modernes Krankenhaus errichtet. 1888 war die Verlängerung der Bahnstrecke bis nach Berchtesgaden abgeschlossen. Zwischen 1889 und 1890 wurde die Luitpoldbrücke über die Saalach errichtet, welche die ehemalige Lange Brücke ersetzte. Am 15. Mai 1890 nahmen die Elektricitäts-Werke Reichenhall den Betrieb auf. Am Kirchberger Mühlbach wurde mit Wasserkraft Strom für 2000 Glühlampen in Karlstein und Bad Reichenhall erzeugt. Es war das erste öffentliche Wechselstromkraftwerk Deutschlands und das erste öffentliche Elektrizitätswerk in Bayern.

Seit dem 7. Juni 1890 darf die Stadt auf Verfügung des bayerischen Prinzregenten den Zusatz Bad führen.[29] Neun Jahre später wurde sie königlich bayerisches Staatsbad. 1892 wurde die Befeuerung der Sudpfannen der Alten Saline auf Steinkohle umgestellt. Ein Hochwasser beschädigte am 14. September 1899 die Triftanlagen der Stadt, ein Bogen der Luitpoldbrücke wurde durch das Hochwasser so schwer beschädigt, dass er einstürzte. 1900 wurde das Kurhaus errichtet, das direkt an den Kurgarten grenzt und bis heute als Altes Kurhaus existiert. Am 1. Dezember 1905 wurde der Hauptteil der aufgelösten Gemeinde St. Zeno der Stadt Bad Reichenhall und der andere Teil der Gemeinde Gmain angegliedert.[29] 1911 wurde das erste Sanatorium in Bad Reichenhall eröffnet. Am 1. Januar 1914 nahm das Saalachkraftwerk den Dienst auf. Der dort erzeugte Strom wurde verwendet, um die Bahnstrecke von Freilassing nach Berchtesgaden zu elektrifizieren. Dort wird bis heute Strom erzeugt und damit ist das Saalachkraftwerk eines der ältesten Bahnkraftwerke Deutschlands, das sich noch in Betrieb befindet.

Während eines Kurkonzertes im Garten des Axelmannstein wurde die Telegrammnachricht von der Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgerehepaares in Sarajevo angeschlagen. An dem Tag war Erzherzog Ludwig Viktor, der jüngste Bruder Kaiser Franz Josephs, im Garten des Axelmannstein anwesend, der daraufhin die Stadt sofort in Richtung Salzburg verließ. Während des Ersten Weltkriegs gingen die Gästezahlen in der Stadt deutlich zurück, in vielen Kuranstalten und Hotels wurden Lazarette eingerichtet.

Zeit der Weimarer Republik

In der frühen Zwischenkriegsära gab es eine intensive Bautätigkeit. Im industriellen Bereich wurde die heutige Neue Saline errichtet, im Kur- und Tourismussektor die Predigtstuhlbahn und das Kurmittelhaus, die Stadt investierte in das Städtische Krankenhaus. Dadurch kam es ab der Mitte der 1920er Jahre zu einem wirtschaftlichen Wiederaufschwung in Bad Reichenhall. Der eigene Flughafen „Mayerhof“ sorgte für die Anbindung an den aufkommenden Flugverkehr, der ab 1926 durch die Deutsche Lufthansa betrieben wurde.[30]

Zeit des Nationalsozialismus

Der von Adolf Hitler für seinen zweiten Regierungssitz Obersalzberg bei Berchtesgaden in Auftrag gegebene Flughafen Reichenhall-Berchtesgaden sollte erst auf dem bestehenden Reichenhaller Flugplatz „Mayerhof“ eingerichtet werden, wurde dann jedoch am 21. Januar 1934 im benachbarten Ainring offiziell eingeweiht.

Im Rahmen der Aufrüstung der Wehrmacht wurde Bad Reichenhall ab 1934 Garnisonsstadt. In der damals eigenständigen westlichen Nachbargemeinde Karlstein entstand hierfür eine neue Kaserne, die, wie von Anfang an geplant, „mit Wirkung ab 1. Juli 1937“ durch einen Regierungsbeschluss in die Gemarkung Bad Reichenhall eingemeindet wurde und bis heute baulich nahezu unverändert existiert. 1939 war die Kaserne Standort des III. Btl. des Gebirgsjäger-Regimentes 100 mit Regimentsstab und 16. Panzer-Abwehr-Abteilung unter dem Kommando von Oberstleutnant Utz. Außerdem waren die I. Abteilung des Gebirgs-Artillerie-Regimentes 79 und eine Sanitätsstaffel in Bad Reichenhall untergebracht. Gedenktafel für Opfer des Bombenangriffes an einem Gebäude der Alten Saline

Der alliierte Bombenangriff vom 25. April 1945 forderte kurz vor Kriegsende über 200 Todesopfer. Die Kaserne mit ihren zahlreichen Lazaretten hingegen hatte keine nennenswerten Schäden zu verzeichnen.

Nachkriegszeit

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 gehörte Bad Reichenhall zur Amerikanischen Besatzungszone. Die amerikanische Militärverwaltung richtete in der nicht mehr von Soldaten genutzten Kaserne ein DP-Lager zur Unterbringung sogenannter Displaced Persons ein.

Die 1933 verliehene Reichenhaller Ehrenbürgerwürde an Paul von Hindenburg sowie an die prominenten Vertreter des Nationalsozialismus Adolf Hitler, Franz Ritter von Epp, Ernst Röhm und Adolf Wagner wurde ihnen am 4. Januar 1946 wieder aberkannt. Heutiger Standort der Spielbank im Kurgastzentrum mit Theater (2012)

1955 wurde in Bad Reichenhall Bayerns erste Spielbank errichtet.[31]

Drei Jahre nach Gründung der Bundeswehr zog 1958 wieder eine Gebirgsjägertruppe in die Bad Reichenhaller Kaserne ein. Ab dem 13. Juni 1966 nach dem Antisemiten und ehemaligen Wehrmachtsgeneral der Gebirgstruppe Rudolf Konrad in General-Konrad-Kaserne benannt, erhielt sie nach jahrzehntelangen Protesten am 1. August 2012 den Namen „Hochstaufen-Kaserne“.[32]

Ab der Gebietsreform

Im Zuge der Gebietsreform in Bayern verlor Bad Reichenhall am 1. Juli 1972 den Status als kreisfreie Stadt und wurde in den neu geschaffenen Landkreis Bad Reichenhall eingegliedert. Dieser umfasste neben der Stadt Bad Reichenhall den Landkreis Berchtesgaden und den südlichen Teil des Landkreises Laufen. Als ehemals kreisfreie Stadt wurde Bad Reichenhall zur Großen Kreisstadt erhoben. Ob Bad Reichenhall Kreisstadt des neuen Landkreises würde, war vorerst offen. Der neu zusammengetretene Kreistag sprach sich für Freilassing aus, auch Berchtesgaden war im Rennen. Die bayerische Staatsregierung entschied aber schließlich zugunsten von Bad Reichenhall. Dagegen musste die Kurstadt am 1. Mai 1973 hinnehmen, dass ihr Name nicht der Landkreisname blieb. Der Landkreis erhielt seinen heutigen Namen (Landkreis Berchtesgadener Land). Das Amtsgericht Bad Reichenhall wurde am 1. Juli 1973 aufgehoben und der bisherige Gerichtssprengel dem des Amtsgerichts Laufen zugeschlagen.

Im Zuge der Gebietsreform auf Gemeindeebene wurden die zuvor selbständigen Gemeinden Karlstein und Marzoll am 1. Mai 1978 eingemeindet.[33]

Im Mai 1980 wurde im neu errichteten Landratsamt in Bad Reichenhall die Arbeit aufgenommen und im Gegenzug die Außenstelle des Landratsamtes in Berchtesgaden aufgelöst. Die Kreisstadt erhielt allerdings nicht alle zentralen Einrichtungen des Landkreises und auch landkreisweit zuständige Behörden anderer Gebietskörperschaften verblieben an anderen Orten (z. B. Finanzamt, allgemeine Berufsschule, Knabenrealschule oder das bereits erwähnte Amtsgericht) insbesondere in dem ehemaligen Kreishauptort Berchtesgaden bzw. der ehemaligen Kreisstadt Laufen.

Am 1. Januar 1981 wurde das gemeindefreie Gebiet Kirchholz aufgelöst und zwischen Bayerisch Gmain und Bad Reichenhall (Gemarkung St. Zeno) aufgeteilt. Auch die Gemarkung Kirchholz wurde aufgelöst.

Im November 1982 kam es auf der B 20 in der Ortsdurchfahrt nahe dem Gaswerkgelände zu einer Brandkatastrophe mit einem Tanklastzug. Sie forderte ein Todesopfer, sieben Anwohner wurden zum Teil schwer verletzt. Ein Übergreifen auf die Tankstelle konnte verhindert werden.[34]

Im September 1993 wurde das Wirtsleute-Ehepaar des Reichenhaller Hauses am Hochstaufen Opfer eines Raubmordes. Die beiden 14- und 16-jährigen kroatischen Täter wurden 1994 von einem kroatischen Gericht zu acht bzw. 14 Jahren Haft verurteilt.

Nach der Gesundheitsreform von 1996

Mit der Gesundheitsreform von 1996 wurden u. a. auch Kuren als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen sehr eingeschränkt. Dies führte in Bad Reichenhall zu einem spürbaren Rückgang der Kurgastzahlen und damit auch zu großen Verlusten bei einer bislang großen Einnahmequelle für die Stadt. Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier und der Kurdirektor versuchten mit auf „Verjüngung“ angelegten Angeboten und öffentlichen Investitionen in Höhe von 50 Mio. DM eine neue Zielgruppe als Gäste der Stadt anzusprechen.[35] Wiewohl Heitmeier bis zum Ende seiner Amtszeit 2006 die Erneuerung der städtischen Fußgängerzone vollzogen, eine neue Therme eröffnet und die Errichtung eines international beachteten Forschungszentrums für Höhendruckkammern im historischen Kurmittelhaus in Angriff genommen hatte, musste er sich die Kritik gefallen lassen, den „einst mondänen Kurort“ nach der Gesundheitsreform „zu langsam neu ausgerichtet zu haben“.[36]

Am 1. November 1999 kam es zu einem Amoklauf in Bad Reichenhall, bei dem ein 16-jähriger vier Passanten tötete und fünf weitere Personen schwer verletzte, darunter den Schauspieler Günter Lamprecht und seine Lebensgefährtin Claudia Amm. Nach der Tat starb der Amokschütze durch Suizid.[37]

2001 wurde Bad Reichenhall zur Alpenstadt des Jahres gekürt und einige Jahre später Mitglied bei Alpine Pearls.[38] 2005 wurde die Rupertustherme mit Baukosten von 32 Mio. Euro errichtet, um die Stadt an den veränderten Gesundheitsmarkt anzupassen. Gleichzeitig musste allerdings die Instandhaltung und Renovierung bereits bestehender Einrichtungen und Gebäude häufig hinter der Schaffung neuer Prestigebauten zurückstehen.

Am 2. Januar 2006 forderte der Einsturz der Eislaufhalle Bad Reichenhall 15 Menschenleben, darunter 12 Kinder und Jugendliche; 34 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Trotz eines Bürgerentscheides, bei dem sich 53 % der abstimmenden Reichenhaller für die Errichtung einer neuen Eis- und Schwimmhalle an diesem Standort aussprachen, hielt die Stadt an der Planung einer Touristik-Hochschule auf dem Gelände fest, die ab September 2009 als Campus Bad Reichenhall der IUBH School of Business and Management errichtet werden sollte.[39] Der Campus befindet sich jedoch heute bei der Hotelfachschule, nachdem die Hochschule 2013 den Erbpachtvertrag für das Gelände der eingestürzten Eislauf- und Schwimmhalle wegen absehbar unzureichender Auslastung nicht verlängert hat.[40] Der größte Teil des Geländes ist nach wie vor unbebaut.


Text: Wikipedia

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