Schornsteinfeger

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Schornsteinfeger (auch Rauchfangkehrer oder Kaminkehrer) ist ein Handwerksberuf, der sich mit der Reinigung und Kontrolle von Abgasanlagen, Feuerstätten, Rauchableitungen, Lüftungsanlagen und ähnlichem befasst und die Grenzwerte der Luftreinhaltung durch Ab- und Verbrennungsgase misst.

Begriff

Die Berufsbezeichnung lautet Schornsteinfeger in Deutschland, Rauchfangkehrer in Österreich und Kaminkehrer oder Kaminfeger in der Schweiz und in Süddeutschland, spazzacamini in Italien und im Tessin; regional findet sich auch Essenkehrer, Schlotfeger oder Sottje.

Reklamemarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken mit einem Bezug zum Schornsteinfeger.

A. Pennitz

Carl Gentner

Sonstige

Geschichte

Anfänge

Man vermutet, dass ein Ursprung des Schornsteinfegerhandwerks in Italien zu suchen ist und dass er mit der Entwicklung des Schornsteins (Synonym: Schlot) einherging. Als das Einraumhaus, in dem der von der Feuerstelle aufsteigende Rauch in den Raum oder zum Dach aufgestiegen war, eine Zwischendecke und Räume erhielt, wurde zum Ableiten des lästigen und gesundheitsschädlichen Rauchs eine Vorrichtung notwendig. Ein Rauchfangtrichter über der Feuerstelle leitet den aufgefangenen Rauch wie bei einer Esse durch ein Loch in der Wand nach draußen oder durch einen Schornstein.

In Bauernhäusern wurden Rauchschlote aus Holz und Lehm vermutlich etwa im 10. Jahrhundert allmählich üblich. Für Städte wie Trier, Köln, Straßburg, Erfurt ist der Geschossbau ab dem 12. Jahrhundert nachgewiesen. In Italien gab es nachweislich Mitte des 14. Jahrhunderts steinerne Schornsteine; in Deutschland waren sie wohl bis zum 15. Jahrhundert selten.

Abgelagerter Ruß und Flugasche können einen Kamin verstopfen und den Rauchabzug vermindern („schlechter Zug“). Abgelagerter Ruß und kondensierter Holzteer können zu Kaminbränden führen. Die Erhitzung des Kamins dabei und Funkenflug durch (wegen Versottung und folgenden Frostbrüchen) undichte Mauerfugen konnten trockene Dachstühle, Spinnweben oder dort gelagerten Hausrat entzünden. Darum mussten Schornsteine regelmäßig gereinigt werden. Die Schornsteine und Rauchschlote fegte der Eigentümer oder der Mieter selbst, oder er beauftragte Dritte damit.

Anfangs wurde der Beruf als Wandergewerbe, das von Italienern und Schweizern ausgeübt wurde, angeboten. Ab dem 17. Jh. erfolgt die Berufsausübung verstärkt ortsgebunden, von einer Herrschaft belehnt und mit festgelegtem Zuständigkeitsbezirk sowie amtlich festgesetzten Gebühren, mit feuerpolizeilichen Protokoll- und Meldepflichten sowie Aufgaben bei der Brandbekämpfung.

Feuerordnungen

Ausgelöst durch Stadtbrände entstanden im hohen und späten Mittelalter die ersten Brandordnungen bzw. Feuerordnungen. Sie waren Bestandteil allgemeiner städtischer Ordnungen, traten vermehrt seit dem 16. Jahrhundert auf und verbreiteten sich im 17. Jahrhundert.

Verfasst und publiziert wurden die Feuerordnungen von der städtischen Obrigkeit oder vom Landesherrn. Sie wurden gelegentlich überarbeitet und novelliert. In manchen Feuerordnungen wurde das regelmäßige Kehren des Schornsteins zwingend vorgeschrieben.

Die älteste bekannte ist die Wiener Feuerordnung vom 22. Mai 1454, die auch die Besichtigung aller Rauchfänge und Feuerstätten und die Beseitigung der „ungewöhnlichen und bösen“ unter ihnen verlangte.[4]

1529 erteilen der Bürgermeister und der Rat der Stadt Wien den Kohlern und Kohlenträgern auf deren Bitte eine Ordnung. (HWOB fol. 216r–217r.)[5]

[10.] Item von ainem getzogen rauckhfannckh sollen die kolltrager zu kern nicht mer dann zehn phening nemen und dannoch ganntz glat und sauber keren, aber von ainem gestign rauchfanckh zwellf phening und nicht mer. Und wo sy allso allerlay rauchfanckhkern, ob sich begeb, daz sy zerprochn, zerklobn oder sonnst besorglich und nachtailligem rauchfanngkh funden, davon schadn entsteen mòchte, sùlln sy solhs aigentlich dem wirt oder inwonner des hauß antzaigen, damit geverlichait fùrkomen werde.

Die Stadt Breslau erließ in einer Urkunde vom 4. August 1578 über die „Neuaufgerichtete Feuerordnung“ Kehrbezirke für Schornsteinfeger in der Stadt.

Schornsteinfeger galten aufgrund ihrer Erfahrung als Experten für die Bekämpfung von Hausbränden und hatten sich bei einem Brand gemäß Anordnungen des 18. Jahrhunderts zur Brandverhütung im Kurfürstentum Trier und in weiteren Kurfürstentümer des Heiligen Römischen Reiches mit ihrem Werkzeug zum Feuer zu begeben, um dort fachmännisch zu helfen.[6]

Am 2. April 1727 erließ Preußens König Friedrich Wilhelm I. eine Verordnung, die Vorschriften für Schornsteine, die Errichtung von Kehrbezirken, die Begutachtung der Feuerstätten und die Haftung des Schornsteinfegers bei Schäden enthielt.

Am 2. September 1782 wurde eine Feuerlöschordnung für Österreich unter der Enns erlassen und u. a. verfügt, dass Rauchfänge im Winter wenigstens alle 6 Wochen, im Sommer alle drei Monate ganz und mit der größsten Sorgfalt gekehrt werden, sowie schliefbare Rauchfänge durch wirkliche Rauchfangkehrer zu kehren sind.[7]

Gewerbeordnung (Deutschland)

Am 21. Juni 1869 wurde die Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund (2 Jahre später erweitert zum Deutschen Reich) eingeführt, in der § 39 die Einrichtung von Kehrbezirken für Schornsteinfeger gestattete. Die Einrichtung von Kehrbezirken war also eine „Kann-Bestimmung“; von ihr wurde sehr unterschiedlich Gebrauch gemacht. So gab es keine einheitlichen Maßstäbe für die Größe der Kehrbezirke. Die war aber manchmal nicht ausreichend, um davon hauptberuflich leben zu können. Manche kleine Gemeinden hatten den Ehrgeiz, einen lokalen „eigenen“ Schornsteinfeger zu haben.

Am 15. Juni 1880 wurde im Deutschen Reichsanzeiger der Erlass des Preußischen Ministers für Handel und Gewerbe zur Regelung des Schornsteinfegerwesens vom 14. Mai 1880 veröffentlicht. Mit diesem Erlass sprach sich der Minister grundsätzlich für das System der Kehrbezirke für Schornsteinfeger aus.

Der Ministerialerlass vom 5. Februar 1907 in Preußen war bis 1935 die Rechtsgrundlage für die Kehrbezirksbildung. Die wesentlichsten Punkte waren:

„Für die Bildung von Kehrbezirken ist das feuerpolizeiliche Interesse allein entscheidend. – Ein ausreichendes Einkommen ist erforderlich. – Die Überwachungsmöglichkeit des Bezirks bildet die Grenze. – Eine Nachprüfung anhand eines Kehrbuches soll alle 5 Jahre stattfinden. – Eine Bewerberliste ist aufzustellen. – Ausschluss von Nebengewerbe ohne ausdrückliche Genehmigung. – Erhebung des Kehrlohnes nur vom Hausbesitzer. – Die Regierungspräsidenten können als Berufspflichten die Brandhilfe, die Brandschau und die Bauabnahme aufnehmen.“

Von der Befugnis, Kehrbezirke einzurichten, machten in der Weimarer Republik sämtliche Länder Gebrauch, überall waren Kehrbezirke eingerichtet.

Am 13. April 1935 änderte die Reichsregierung (kraft ihrer durch das Ermächtigungsgesetz übertragenen Gesetzgebungsgewalt) den bis dahin geltenden § 39 der Gewerbeordnung und schrieb im Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung die Einrichtung von Kehrbezirken vor.[8]

Auf Grundlage dieses Gesetzes erließen Reichswirtschaftsministerium und Reichsinnenministerium die Verordnung über das Schornsteinfegerwesen vom 15. April 1935[9] und 28. Juli 1937. Letztere legte fest:

„Die Erhaltung der Feuersicherheit liegt im öffentlichen Interesse. Alle Gebäude mit Schornsteinen und Feuerungsanlagen unterliegen deshalb dem Kehrzwang. Die Kehrgebühr ist eine öffentliche Last des Grundstücks. Kehrarbeiten dürfen nur von Bezirksschornsteinfegermeistern, die für bestimmte Kehrbezirke angestellt sind, oder deren Gesellen und Lehrlingen ausgeführt werden. Der Bezirksschornsteinfegermeister gehört als Gewerbetreibender dem Handwerk an. Er ist der Aufsicht und der Ordnungsstrafgewalt einer Behörde unterstellt, hat aber nicht Beamtenhoheit.“[10]

Damit bekamen die Bezirksschornsteinfeger das sogenannte Kehrmonopol.[11]

Schornsteinfegergesetz (Deutschland)

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt, in denen es unterschiedliche Verordnungen für das Schornsteinfegerwesen gab. Am 22. Januar 1952 wurde für die Bundesrepublik Deutschland (damals Westdeutschland) das Bundesgesetz zur Ordnung des Schornsteinfegerwesens (Schornsteinfegergesetz) verabschiedet. 1969 wurden mit dem Gesetz über das Schornsteinfegerwesen auch die alten noch geltenden Paragraphen der Gewerbeordnung aufgehoben. Dadurch entstanden einheitliche Regelungen für die Bundesrepublik Deutschland mit etwa 8000 Kehrbezirken.[12][13]

Die EU-Kommission hat am 18. Oktober 2006 eine Begründete Stellungnahme zum Schornsteinfegergesetz an die Bundesrepublik Deutschland übermittelt. Damit hatte sie den nächsten Schritt im Rahmen des seit 2003 laufenden Vertragsverletzungsverfahrens im Hinblick auf das Berufsrecht der Schornsteinfeger eingeleitet. Die Kommission sah in ihrer Begründeten Stellungnahme das bestehende Recht als großteils europarechtswidrig an.[14][15]

Hierzu hatte nunmehr die Bundesregierung ihrerseits Stellung genommen. Die Rechtsansichten der Kommission wurden in dieser Generalität nicht geteilt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie übermittelte in diesem Zusammenhang Eckpunkte zur zukünftigen Ausgestaltung des Schornsteinfegerrechts.[16]

Das Kehrmonopol wurde ab 2008 stufenweise abgeschafft.


Text: Wikipedia

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