Borkumer Kleinbahn

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Die Borkumer Kleinbahn (BKB) ist eine Schmalspurbahn mit einer Spurweite von 900 mm auf der ostfriesischen Nordseeinsel Borkum. Es gibt drei Stationen. Die Strecke ist hier bis heute eine wichtige Verkehrsader. Die Borkumer Inselbahn ist eine Nebenbahn, nennt sich aber weiterhin Kleinbahn. Sie ist die letzte zweigleisige Schmalspurbahn in Niedersachsen.

Siegelmarke

Geschichte

Pferdebahn

1879 wurde eine Pferdebahn in der Spurweite 900 mm errichtet, um das Baumaterial für den Bau des Neuen Leuchtturms von der Entladestelle der Schiffe am Hopp, an der Ostseite der Insel, zur Baustelle an der Westseite der Insel zu bringen.

Kleinbahn

1885 wurde, nach längeren Verhandlungen zwischen dem Bauunternehmen und Betreiber der Pferdebahn, Habich & Goth, der Stadt Emden und der Finanzdirektion Hannover ersterem eine Konzession zum Betrieb einer Eisenbahn aufgrund des Preußischen Eisenbahngesetzes von 1838 auf 30 Jahre zwischen einer neu zu errichtenden Landungsbrücke und der Gemeinde Borkum erteilt – ursprünglich noch für Pferdebahnbetrieb. Ab 1887/1888 wurde diese Bahn dann aber für Lokomotivbetrieb gebaut, nachdem Kapazitätsengpässe bei Habich & Goth den Beginn der Bauarbeiten zunächst verzögert hatten. Dazu wurde der östliche Teil der Strecke neu trassiert und eine Anlegestelle für die Fähren vom Festland an der Stelle errichtet, wo sie sich noch heute befindet. Diese Bahn wurde am 15. Juni 1888 in Betrieb genommen und ermöglichte es Borkum überhaupt erst, zu einem bedeutenden Seebad aufzusteigen.[2]

„Statt vom Landungsplatz auf hartem Bretterwagen in’s Dorf zu rumpeln, fährt man [nun] gelinde per Eisenbahn.“

– Hermann Nöldecke, 1904[3]

Von der Stammstrecke abzweigend wurden eine Reihe von Gleisanschlüssen verlegt und eine Strecke angeschlossen, mit der das Wasser- und Schifffahrtsamt Material zum Ausbau und Unterhalt der westlichen Schutzbauwerke gegen Sturmfluten transportierte. Diese wurde später auch im Personenverkehr zum Nordstrand bedient und erhielt die Bezeichnung Nordstrandbahn.

In der Anfangszeit der Bahn mussten die Betreiber immer wieder auf Zerstörungen an der Bahn durch Sturmfluten reagieren. So wurde der östliche Teil der Strecke zunächst im Watt verlegt, dann auf einem befestigten Sanddamm und, als dieser Sturmfluten nicht standhielt, wurde er 1895 und 1896 an zwei Stellen durch eine Pfahlbrücke ersetzt, die wiederum bis 1910 erneut in einen Damm umgebaut wurden.[4] Das wirtschaftliche Risiko der Bahn erwies sich deshalb für eine private Firma wie Habich & Goth als zu hoch. Befördert durch den Staat kam es schließlich 1902 zur Gründung einer Aktiengesellschaft zwischen Habich & Goth und der AG Ems, die den Namen Borkumer Kleinbahn- und Dampfschiffahrt-AG erhielt. Dieser wurde der Betrieb der Bahn 1903 nach dem Preußischen Kleinbahngesetz auf 75 Jahre konzessioniert. Bis 1905 gelang es der BKB dann auch, alle Betriebsgrundstücke vom Staat zu erwerben oder in Erbpacht zu übernehmen.[5]

Marinebahn

Nachdem Kaiser Wilhelm II. der Insel Borkum 1902 den Status einer Seefestung verliehen hatte, wurde ab 1908 die Stammstrecke zwischen Anleger und Ortschaft Borkum für die Baumaterialtransporte und den Militärverkehr mit Hilfe des Deutschen Reiches durch die BKB zweigleisig ausgebaut. Der Betrieb erfolgte zunächst in der Form, dass auf einem Gleis ausschließlich der Zivilverkehr, auf dem anderen die Bauzüge für das Militär verkehrten. Die Verbindungsweichen waren verschlossen. Der genaue Zeitpunkt, ab wann hier gemischter ziviler und militärischer Verkehr stattfand ist unklar, vermutlich seit 1912.[6] Die Strecke wurde damit eine der wenigen Schmalspurbahnen in Deutschland, die einen zweigleisigen Betrieb aufweisen. Zahlreiche militärische Anlagen wurden nun auf der Insel durch die Kaiserliche Marine errichtet und alle mit einem Gleisanschluss versehen. Damit das möglich wurde, errichtete die Marine in Fortsetzung der Stammbahn, jenseits des Bahnhofs Borkum, die Ostlandbahn, eine Marinebahn.

Im Ersten Weltkrieg spielte die Seefestung Borkum keine Rolle. Kein einziger Schuss wurde auf die Insel abgefeuert. Die Bahnstrecken dort waren dagegen auf eine Länge von mehr als 30 Kilometer angewachsen.[7] 1938 lagen auf Borkum gar 45 Kilometer Gleis und auf der Stammstrecke zwischen Reede und Bahnhof wurden bis zu 50 Fahrten pro Tag durchgeführt.[8] Der Fuhrpark der BKB bestand damals aus sechs Dampflokomotiven sowie 70 Wagen.

Ab 1942 war der Betrieb der BKB dem Transportkommandanten der Festung Borkum, Oberleutnant Schlüter, unterstellt. Deren Schäden durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg hielten sich in Grenzen. Beim heftigsten Luftangriff auf die Bahnanlagen am 5. August 1944[9] wurden einige Gleise im Ortsgebiet von Borkum und eine Dampflokomotive zerstört.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die BKB ihren Verkehr am 8. Juni 1945 wieder aufnehmen – allerdings wegen des Kohlemangels nur sehr eingeschränkt. Zahlreiche Eisenbahnfahrzeuge des Militärs, darunter auch Diesellokomotiven, ein Triebwagen, 32 Personenzugwagen und 175 Güterwagen aus dessen Bestand wurden von der Militärregierung der Britischen Besatzungszone der BKB überlassen.[10]

1953 wurde der Regelverkehr auf der Nordstrandbahn aufgegeben, da der Strand vor die Promenade zurück gewandert war und der Badebetrieb sich wieder vor die Promenade verlagert hatte. 1968 wurde die Strecke ein letztes Mal mit einem Sonderzug befahren und dann abgebrochen.[11]

Seit den 1950er Jahren machte sich der wirtschaftliche Druck auf die Bahn bemerkbar, den der konkurrierende Verkehr auf der im Krieg vom Militär errichteten und seit 1944 für den Zivilverkehr freigegebenen, parallel zur Eisenbahnstrecke von der Reede in die Ortschaft Borkum führenden Straße verursachte. Dies führte zu ständigen Rationalisierungsmaßnahmen und 1960 erstmals zu einer Studie, ob das Verkehrsaufkommen der Bahn nicht auf die Straße verlagert werden könne. Die Unmöglichkeit, Busse in einer für Verkehrsspitzen ausreichenden Zahl vorzuhalten, ließen den Plan wieder in der Schublade verschwinden.[12] 1961 übernahm die AG Ems auch die Aktien der Kleinbahn AG, die sich noch nicht in ihrem Besitz befanden, und wandelte die Kleinbahn in eine GmbH um.

Die Sturmflut vom 17. Februar 1962 zerstörte ca. 900 Meter des Wattdammes, auf dem die Bahnstrecke unmittelbar westlich des Hafens verläuft. Zunächst für die Übergangszeit, bis der Schaden repariert war, schließlich aber auch dauerhaft, beschaffte sich die BKB Omnibusse für den Stadtverkehr und nahm damit ihren heute noch bestehenden Linienbusbetrieb auf.

In den 1970er Jahren geriet die Inselbahn in wirtschaftliche Turbulenzen. 1968 wurde die erste Autofähre nach Borkum in Betrieb genommen. Dies führte dazu, dass der Güterverkehr zunehmend mit Lkw abgewickelt wurde und der Güterverkehr der Bahn auf die Dauer zum Erliegen kam. Der Güterbahnhof Borkum wurde 1972 aufgegeben.[13] Ebenfalls 1968 wurde der Eisenbahnverkehr auf die Sommersaison beschränkt, außerhalb der Saison bis 1994 Schienenersatzverkehr durchgeführt.[14] 1978 lief die auf 75 Jahre lautende Konzession der BKB aus und wurde um 50 Jahre bis 2028 verlängert.

1980/1981 wurde in einer Studie untersucht, ob die Kleinbahn nicht durch eine Magnetschwebebahn ersetzt werden sollte.[15] Davon wurde allerdings aus verschiedenen Gründen Abstand genommen. Letztes bauliches Relikt dieser Überlegungen sind die neuen Werkstatthallen des Bahnbetriebswerks, die so konstruiert wurden, dass sie auch für eine Magnetschwebebahn hätten verwendet werden können.

Bei einem Versuch, Kosten der Kleinbahn einzusparen, wurde 1989 das zweite Gleis im Streckenabschnitt Hafen bis zum sogenannten Weertsgatt ausgebaut und der Betrieb dort eingleisig fortgeführt. Das aber bewährte sich nicht. Da die Züge Anschlüsse zu gezeitenabhängigen Fährverbindungen herstellen, wurde der Fahrplan im eingleisigen Betrieb sehr störanfällig. Die Bedeutung der Bahn nahm infolge des immer stärker werdenden Tourismus so zu, dass weiter erheblich in die Bahn investiert wurde. Dazu zählen für die Fahrgäste das neue Empfangsgebäude des Bahnhofs Borkum (1991), die Wiederverlegung des zweiten Gleises 1993 und die Anschaffung zweier je neun Wagen starker Zuggarnituren für den fahrplanmäßigen Verkehr, die seit 1994 im Einsatz sind. Seitdem fährt die Bahn auch wieder ganzjährig. 1998 konnten die letzten Betriebsgrundstücke, die lediglich in Erbpacht vom Land Niedersachsen gehalten wurden, von der BKB gekauft werden. Im Sommer 2006 wurden umfangreiche Bauarbeiten an der Eisenbahninfrastruktur durchgeführt. So erhielt der Haltepunkt „Jakob-van-Dyken-Weg“ neue Bahnsteige und neue Wartehäuschen. Im Winter 2007/2008 schließlich wurde das aus den 1980er Jahren stammende östliche Gleis komplett neu gebaut, mit schwererem Profil und erstmals mit Betonschwellen in Schotter. Im Winter 2013/2014 passierte ähnliches mit dem anderen Gleis: die alten Schienen wurden mit neuen Betonschwellen in neuem Schotterbett verlegt. Seit 2023 wird an niveaugleichen Bahnsteigen an allen drei Bahnhöfen gearbeitet.


Text: Wikipedia

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